Forschende der TH OWL bestimmen Embryonen-Geschlecht ohne das Ei zu beschädigen
Lemgo, den 13. April 2022. Die Mathematikerin Professorin Dr. Helene Dörksen hat gemeinsam mit ihrem Team vom Institut für industrielle Informationstechnik (inIT) das von ihr weiterentwickelte Verfahren zur Geschlechtsbestimmung von Hühnerembryonen verbessert. Bei einer Treffergenauigkeit von 98 Prozent kann das Geschlecht nun ohne Beschädigung der Eischale bestimmt werden. Für die Embryonen fällt so ein Stressfaktor weg, für das Verfahren selbst ist es ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur industriellen Nutzung in Brütereien.
Laserinduzierte Fluoreszenzspektroskopie
Bei der Geschlechtsbestimmung von Embryonen in Hühnereiern ist dem Team um Professorin Dr. Helene Dörksen ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur industriellen Nutzung gelungen. „Bisher mussten wir für den Einsatz der zeitaufgelösten laserinduzierten Fluoreszenzspektroskopie an einer kleinen Stelle des Eis den Kalk der Schale entfernen. Das war aufwendig und gleichzeitig ein erheblicher Stressfaktor für die Embryonen. Jetzt können wir die Eier mit unserer Methode unbeschädigt scannen“, so die Professorin vom Institut für industrielle Informationstechnik (inIT) der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe. Noch stünden die Ergebnisse der Messreihen nicht endgültig fest. Doch vieles deute darauf hin, dass das verbesserte Verfahren ebenfalls sehr zuverlässige Daten liefere. „Damit kommen wir der industriellen Nutzung unseres Verfahrens einen entscheidenden Schritt näher“, sagt die Mathematikerin.
Anfang April gab es erstmals am Institut eine Versuchsreihe mit 120 Eiern. Davor wurden erst 40, dann 60 Eier zeitgleich untersucht. „Das ist für uns eine große Herausforderung, so eine große Menge an Eiern zu besorgen und drei bis vier Tage anzubrüten“, erklärt Dörksen. Auch der Messvorgang selbst unter Laborbedingungen sei anstrengend. Sie ist nun zuversichtlich, die Anforderungen der Geflügelindustrie, bis zu 500 Eier gleichzeitig zu testen, Schritt für Schritt erfüllen zu können. „Unter Laborbedingungen ist das allerdings unrealistisch“, so die Professorin. Von industrieller Serienreife könne man erst sprechen, wenn pro Tag 100.000 Eier durchgemessen werden können.
Vorteile der frühzeitigen Geschlechtsbestimmung
Das Verfahren selbst ist nicht neu. Hochschulpräsident Professor Dr. Jürgen Krahl wandte die Messmethode für die Analyse von Kraftstoffen an. „In unserem Fall regt der Lichtstrahl geschlechtsspezifische Substanzen an, die anfangen zu leuchten. Und hier kommt die Mathematik ins Spiel. Über die von uns entwickelten Algorithmen können wir diese Reaktionen messen“, sagt Helene Dörksen. Die frühzeitige Geschlechtsbestimmung ist für die Brütereien wichtig. Seit Anfang 2022 dürfen sie männliche Eintages-Küken nicht mehr töten. Das Verfahren erlaubt es den Betrieben, die männlichen Küken vor dem siebten Entwicklungstag im Ei auszusondern. So verlangt es das Gesetz. Ob die männlichen Küken dann getötet oder als zucht- und Masthähne genutzt werden, entscheidet der Betrieb. Im Rahmen zahlreicher Tierwohlinitiativen haben sich mittlerweile mehrere Wege herausgebildet, den Verkauf fleischärmerer Hähne etwa durch höhere Eierpreise zu kompensieren.
Zukünftiges Forschungsvorhaben
Als nächsten Schritt plant Professorin Helene Dörksen mit ihrem Team ein größer angelegtes Forschungsprojekt, bei dem die Methode, für die sie längst ein Patent angemeldet hat, weiterentwickelt werden soll. Dafür will sie auch Fördergelder einwerben. „Wir werden mit allen Kräften versuchen, voranzukommen und den Entwicklungsprozess zu beschleunigen. Aber wir sind hier auf finanzielle Unterstützung angewiesen“, so die Professorin. Ein Brutei koste zwei Euro, weiterhin müsse man allein 14 Euro für den Messvorgang veranschlagen. Insgesamt, so schätzt sie, wird es wohl noch drei Jahre dauern, bis das Verfahren in den industriellen Brütereien flächendeckend eingesetzt werden kann.
Originalmeldung:
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