Iserlohn, 8. Juni 2020. Für das innovative Projekt „a-Bus Iserlohn-New Mobility Lab“ hat Wirtschafts- und Digitalminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart vier Zuwendungsbescheide im Gesamtvolumen von 2,7 Millionen Euro an das Projektkonsortium überreicht. Partner sind neben der Fachhochschule Südwestfalen, die MVG/Märkische Verkehrsgesellschaft, die Stadt Iserlohn und die Stadtwerke Iserlohn.
In dem Projekt wird der Einsatz von automatisiert fahrenden Fahrzeugen zur Personenbeförderung im Zusammenwirken mit intelligenten Lösungen für Kommunikation, Energieversorgung und Logistik in einer Pilotanwendung mit wissenschaftlicher Begleitung untersucht. Neben der intelligenten Vernetzung der Systeme sollen dabei unter realistischen Nutzungsbedingungen die Aspekte Systemverfügbarkeit, Nutzerakzeptanz und Systemflexibilität mit Blick auf mögliche neue Geschäftsmodelle im Zusammenhang mit automatisiert fahrenden Fahrzeugen im ÖPNV analysiert werden. Das Projekt wird im Rahmen der
Digitalen Modellregion NRW gefördert vom Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen.
Das automatisierte Fahren wird auf einer rund 1,5 Kilometer langen Strecke zwischen dem Stadtbahnhof Iserlohn und dem Hochschulcampus der Fachhochschule Südwestfalen mit zwei voll automatisierten Kleinbussen getestet. Hierzu wird ein auf deutschen Straßen bereits zugelassenes, automatisiertes
Bussystem mit batterieelektrischem Antrieb eingesetzt. Die sich aus dem Projekt ergebenen Forschungsfragen werden in vier unterschiedlichen Arbeitspaketen
untersucht:
1. Durchführung einer Anforderungsanalyse für Fahrzeuge sowie die benötigten Lade- und Kommunikationsinfrastrukturen
2. Betrieb und Evaluierung der Busse auf verschiedenen Automatisierungsstufen
3. Entwicklung und Aufbau eines Bus-Informationssystems mit Einbindung von Bussen, Nutzer und Ladeinfrastruktur
4. Entwicklung einer Tool-Box für die Stadtentwicklung
Die Arbeitsschwerpunkte der Fachhochschule Südwestfalen liegen in den Arbeitspaketen 1,2 und 3. Dabei arbeiten die Fachbereiche Maschinenbau in Iserlohn und Elektrische Energietechnik in Soest interdisziplinär zusammen wie die Professoren Dr. Andreas Nevoigt und Dr. Ulf Witkowski betonen. Im Arbeitspaket 1 werden unter Federführung der Fachhochschule und in enger Abstimmung mit den weiteren Projektpartnern die verkehrstechnischen Herausforderungen sowie Einflüsse aus der Streckenumgebung und der geplanten Betriebsführung analysiert und daraus die Anforderungsprofile für die einzusetzenden Fahrzeuge und notwendige technische Maßnahmen an der Strecke (Kommunikationsinfrastruktur, Ladeinfrastruktur, Haltestellen) abgeleitet und detailliert. Im Arbeitspaket 2 werden Testfahrten der Busse im automatisierten Fahrbetrieb (Level 4) durchführt. Die Fachhochschule koordiniert den Fahrbetrieb und führt im Fahrbetrieb wissenschaftliche Untersuchungen mit Hilfe einer mobilen Messdatenerfassung durch. Die MVG stellt für den Fahrbetrieb qualifizierte Fahrbegleiter zur Verfügung. Bei diesen Testfahrten sollen die infrastrukturellen Voraussetzungen hinsichtlich Systemverfügbarkeit und Fehlertoleranz überprüft werden. Auf der Grundlage einer Identifikation der Systemschwächen werden von der Hochschule Potenziale zur Fahrzeug- und Streckenoptimierung analysiert und soweit möglich auch umgesetzt. Für einen perspektivisch autonomen Busbetrieb werden auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse von der Fachhochschule neue, innovative Ideen und Lösungen für das autonome Fahren im ÖPNV abgeleitet. Zu den wissenschaftlichen Fragestellungen, die im Arbeitspaket 3 untersucht werden, zählen der Aufbau eines lernenden Systems zur optimalen Betriebsführung der Busflotte, der Aufbau eines lernenden
Energiemanagementsystems und die Entwicklung von Spezifikationen für das Haltestellendesign.
Technologische Basis für den Betrieb der Busse ist unter anderem eine drahtlose Kommunikationsinfrastruktur. Da aktuell mit den verfügbaren Mobilfunkstandards im städtischen Bereich zwar eine gute Flächenabdeckung erreicht wird, aber eine nahezu Echtzeitkommunikation mit benötigter Bandbreite und kleinen Latenzen nicht garantiert werden kann, erfolgt im Projekt der Einsatz einer bedarfsgerecht ausgelegten und an die Strecke angepassten drahtlosen Kommunikationsinfrastruktur. Geplant ist die Nutzung von speziell im Bereich der Fahrstrecke und den Haltestellen installierten Funkknoten basierend auf WiFi im 2.4 und 5GHz-Band. Um die Zuverlässigkeit und damit auch die Ausfallsicherheit des Kommunikationssystems weiter zu erhöhen, soll eine weitere redundante Funktechnik eingesetzt werden, die im Sub-GHz-Bereich arbeitet. Wird ein Problem bei der standardmäßig genutzten Funkkommunikation erkannt, erfolgt automatisch die Nutzung des Ersatznetzwerkes, so dass betriebsrelevante Daten immer noch übertragen werden können.
Zur Bus-Zustandserfassung werden verschiedenen Busparameter wie u.a. Position, Geschwindigkeit, Akkufüllstand und Busauslastung erfasst und zur Auswertung an die Leitstelle übertragen. Mittels klassischer modellbasierter Analysemethoden sowie Methoden des maschinellen Lernens werden der
Buszustand ausgewertet und Handlungsanweisungen für eine Betriebsführung hinsichtlich Einsatzzeiten und Ladeaktivitäten abgeleitet.
Darüber hinaus entwickelt die Fachhochschule ein Benutzerinformationssystem, welches in jeweils angepasster Form an den Haltestellen sowie im Bus zum Einsatz kommt. Zudem ist eine Realisierung als App geplant, mit der die Nutzer Busbetriebsdaten wie z.B. Ankunftszeiten abrufen können.
Mit der Durchführung des Forschungsprojektes verfolgt die Fachhochschule Südwestfalen insgesamt das Ziel, die wissenschaftlichen Grundlagen für
intelligente und bedarfsorientierte Lösungen im ÖPNV in Mittelzentren und ländlich strukturierten Gebieten zu erarbeiten. Die in dem Projekt gewonnenen Erkenntnisse lassen sich auf eine Vielzahl von vergleichbaren Kommunen anwenden. Auch die Studierenden der profitieren von dem Projekt, was sich nicht nur auf die Nutzung des Busses als Fahrgast beschränkt. Die Erkenntnisse fließen vielmehr in die Lehrveranstaltungen ein und die Studierenden werden mit Projekt- und Abschlussarbeiten auch aktiv in die Forschungstätigkeiten eingebunden.
Originalmeldung:
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