In kooperativen Promotionen wird an Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) in NRW an zukunftsorientierten Lösungen geforscht. In dieser Rubrik stellen wir nach und nach erfolgreich abgeschlossene Promotionen aus den Mitgliedshochschulen vor und zeigen etwa auf, welche Herausforderungen den Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern auf dem Weg hin zum Doktorhut begegnet sind.
Dr. Patrick Beuel © TH Köln
Dr. Patrick Beuel | TH Köln
Lignocellulose Bioraffinerie mit einem thermo-biologischen Vorbehandlungskonzept
Lignocellulose Bioraffinerie mit einem thermo-biologischen Vorbehandlungskonzept
Dr. Patrick Beuel promovierte 2023 kooperativ an der Universität Kassel und der Technischen Hochschule Köln. In seiner Dissertation untersuchte er die Nutzung von biogenen Reststoffen wie Stroh zur Produktion von Energie und Grundstoffen, unter Einsatz eines umweltfreundlichen, thermo-biologischen Vorbehandlungskonzepts. Seine Forschungsergebnisse bieten vielversprechende Perspektiven für ressourcenschonende Bioraffinerien und nachhaltige industrielle Anwendungen.
Beschreiben Sie unseren Leser*innen bitte kurz, womit Sie sich in Ihrer Promotion beschäftigt haben.
Ich habe mich mit Möglichkeiten beschäftigt, aus biogenen Reststoffen Energie und Grundstoffe zu erzeugen. Unter Grundstoffe versteht man zum Beispiel Biopolymere oder Aromate. Um dabei eine hohe Effizienz zu erreichen, ist eine optimale Vorbehandlung entscheidend, bevor die eigentliche Umwandlung in Energie – etwa in Form von Biogas oder Bioethanol – oder die Veredelung zu Grundstoffen stattfindet. Häufig werden dafür Lösungsmittel oder Säuren verwendet. Allerdings ist der Einsatz solcher Additive für Mensch und Umwelt mitunter problematisch. Deswegen habe ich die Verwendung von natürlichen Additiven in einem kombinierten Verfahren untersucht. Mir war es wichtig, eine umweltfreundliche und ressourceneffiziente Vorbehandlungsmethode zu entwerfen.
Wann und weshalb haben Sie sich für Ihr Forschungsthema entschieden?
Strom, Wärme und Kraftstoff bilden die Grundlage für die Versorgung der Menschheit und gehören in sämtlichen Lebensbereichen zu unserem Alltag. Letztlich hängt von deren Menge und Verfügbarkeit die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes ab. Das besondere an der Ressource Biomasse ist, dass aus ihr alle genannten Energieträger gewonnen werden können. Ich habe mich bereits während meines Masterstudiums für das Thema interessiert. Der Gedanke, biogene Ressourcen effizient zu nutzen und gleichzeitig umweltschonende Verfahren zu entwickeln, hat mich motiviert, tiefer in die Materie einzutauchen. Im Rahmen meines Promotionsprojekts konnte ich diese Interessen verbinden. Wird die komplex zusammengesetzte Biomasse in sogenannten Bioraffinerien in seinen Bestandteilen zerlegt, also zu „Plattformen“ verarbeitet, können, neben den angesprochenen Energieträgern, zusätzlich Grundstoffe, also Chemikalien und Werkstoffe, nachhaltig erzeugt werden.
Die kooperative Promotion wurde von der Universität Kassel betreut – wie verliefen die Schritte von einer ersten Kontaktaufnahme bis zur Zusammenarbeit?
Der erste Kontakt entstand über mein Netzwerk an der Technischen Hochschule Köln, wo ich zuvor studiert hatte. Prof. Christiane Rieker, die mittlerweile im wohlverdienten Ruhestand ist, war eine wichtige Mentorin für mich und brachte mich mit Prof. Oliver Hensel von der Universität Kassel in Verbindung. Die kooperative Promotion bot mir die perfekte Gelegenheit, von beiden Instituten und deren Expertisen zu profitieren. Die Zusammenarbeit verlief reibungslos – sowohl die inhaltliche Unterstützung als auch die organisatorischen Abläufe wurden gut koordiniert. Nachdem mein Exposé angenommen wurde, begann der formale Promotionsprozess 2020. Sämtliche praktischen Arbeiten wurden am Lehr- und Forschungsstandort :metabolon der TH Köln durchgeführt.
Zu welchen Ergebnissen sind Sie mit Ihrer Forschung gelangt?
Meine Forschung zeigte, dass es möglich ist, biogene Reststoffe effizient und nachhaltig mit einem kombinierten thermo-biologischen Vorbehandlungskonzept aufzubereiten, ohne auf schädliche Chemikalien wie Lösungsmittel oder starke Säuren zurückzugreifen. Besonders die Nutzung natürlicher Additive hat sich als vielversprechend erwiesen, um die strukturelle Aufschlüsselung von Lignocellulose zu verbessern. Die gewonnenen Grundstoffe – Biopolymere und Aromaten – sowie die Energieformen wie Biogas und Bioethanol konnten unter diesen Bedingungen mit hoher Ausbeute gewonnen werden. Dies bietet Potenzial für industrielle Anwendungen und trägt zur Entwicklung ressourcenschonender Bioraffinerien bei.
Welche Schwierigkeiten stellten die größten Herausforderungen dar?
Eine der größten Herausforderungen war, ein Vorbehandlungsverfahren zu entwickeln, das sowohl ressourceneffizient als auch umweltfreundlich ist. Viele etablierte Methoden arbeiten mit Chemikalien, die zwar wirksam, aber umweltschädlich sind. Ein alternatives Verfahren zu finden, das auf natürlichen Additiven basiert, ohne dabei an Effizienz einzubüßen, erforderte viele Experimente und Anpassungen. Zudem war die interdisziplinäre Natur meiner Arbeit eine Herausforderung – die Forschung deckte Aspekte der Ingenieurswissenschaften, der Verfahrenstechnik, der Biotechnologie und der Chemie ab, was eine intensive Zusammenarbeit mit Experten aus verschiedenen Fachbereichen erforderte.
Welche nützlichen Tipps können Sie jungen Absolvent*innen an die Hand geben, die Interesse an einer Promotion haben?
Mein wichtigster Tipp ist, von Anfang an klar zu definieren, was man mit der Promotion erreichen möchte – sowohl inhaltlich als auch beruflich. Die Wahl des richtigen Themas und der passenden Betreuung ist entscheidend für den Erfolg. Zudem sollte man sich bewusst sein, dass eine Promotion oft ein langer und manchmal steiniger Weg ist. Man braucht Durchhaltevermögen und Flexibilität, um Rückschläge zu überwinden und sich immer wieder neu zu motivieren. Meine Familie und meine Lebensgefährtin haben mich dabei sehr gestärkt und wesentlich zum Gelingen beigetragen. Darüber hinaus ist es wichtig, ein starkes Netzwerk aufzubauen und sich aktiv mit anderen Forschern und Fachleuten auszutauschen.
Wie geht es nach Ihrer Promotion für Sie weiter?
Nach meiner Promotion setze ich meine wissenschaftliche Laufbahn als Postdoc am Lehrstuhl für Wasserstoff-Systemtechnik bei Prof. Peter Stenzel fort. Dort bin ich sowohl in der Lehre als auch in der Forschung aktiv. Am Lehr- und Forschungsstandort :metabolon beschäftige ich mich hauptsächlich mit thermo-chemischen Verfahren zur Herstellung von Wasserstoff und regenerativen Gasen aus biogenen Rest- und Abfallstoffen. Meine Forschung konzentriert sich auf die anwendungsorientierte Entwicklung innovativer Prozessmodule zur Herstellung von treibhausgasneutralen oder sogar treibhausgasnegativen Energieträgern, Kraftstoffen und Grundchemikalien. Diese Arbeit ist eng mit den Zielen einer erneuerbaren und dezentralen Energie- und Kreislaufwirtschaft verknüpft. Dabei geht es darum, nachhaltige Lösungen für die Kreislaufwirtschaft zu entwickeln, die eine effiziente Nutzung von Ressourcen gewährleisten und gleichzeitig zur Reduktion von Emissionen beitragen.
Diese Position bietet mir die Möglichkeit, meine Forschungsergebnisse praxisnah weiterzuentwickeln und eng mit der Industrie und anderen Forschungseinrichtungen zusammenzuarbeiten. Die Verbindung von innovativen Technologien zur Ressourcennutzung und der Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft ist für mich ein spannendes und zukunftsweisendes Arbeitsfeld.
Wir bedanken uns bei Dr. Patrick Beuel für das Interview und wünschen ihm weiterhin alles Gute!
Dr. Sandra Holtgreve © Universität Bielefeld
Dr. Sandra Holtgreve | Hochschule Bielefeld
Dekolonisierung als Weltgegenkultur. Semantiken und Institutionen der Wende zur Kolonialität.
Dekolonisierung als Weltgegenkultur. Semantiken und Institutionen der Wende zur Kolonialität.
Dr. Sandra Holtgreve promovierte 2023 kooperativ an der Universität Bielefeld und der Hochschule Bielefeld und schloss mit summa cum laude ab. In ihrer Promotion untersucht sie koloniale Strukturen im Sozialarbeitsstudium. Ihre Dissertation erhielt den gemeinsamen erstmalig vergebenen Dissertationspreis der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit (DGSA) und des Fachbereichstages Soziale Arbeit (FBTS).
In meiner Arbeit analysiere ich die Entwicklung einer ehemals marginalisierten Idee in der Sozialen Arbeit hin zu einer anerkannten und etablierten Position: die Idee der Dekolonisierung. Damit sind Ansätze gemeint, die davon ausgehen, dass mit der Kolonialisierung weltweit politische und soziale Strukturen entstanden sind, die bis heute Ungleichheiten produzieren und versuchen, diese zu bearbeiten. Im Rahmen meiner Untersuchung habe ich Curricula in Deutschland, Mexiko und Ecuador systematisch ausgewertet und Interviews mit Expert*innen durchgeführt, um zu verstehen, ob und wie sich Ansätze der Dekolonisierung auch im Sozialarbeitsstudium durchsetzen. Meine Ergebnisse zeigen, welche Rahmenbedingungen Hochschulen der Soziale Arbeit in Bezug auf Ansätze der Dekolonisierung vorfinden und wie sich diese Perspektiven in den Studienplänen manifestieren. Damit beleuchtet die Arbeit einen Fall der Globalisierung von Ideen und leistet einen Beitrag zum tieferen Verständnis der institutionellen Rahmenbedingungen für die Theorieentwicklung in der Sozialen Arbeit.
Wann und weshalb haben Sie sich für Ihr Thema entschieden?
In der Endphase der Masterarbeit war für mich mir klar, dass ich weiter forschen und ein Thema wirklich vertiefen möchte. Ich habe mich dann an Prof. Dr. Thomas Faist und Prof. Dr. Cornelia Giebeler für die Betreuung gewandt. Sie haben mich sehr unterstützt, obwohl mein Interesse in eine ganz andere Richtung ging als zuvor im Studium und in der Masterarbeit. Dafür bin ich beiden sehr dankbar.
Das Thema hat sich allerdings langsam und im stetigen Austausch entwickelt. Insbesondere Prof. Dr. Cornelia Giebeler hat meinen wissenschaftlichen Weg und mein Interesse an Dekolonisierung in der Sozialen Arbeit schon über lange Zeit geprägt. Durch sie bin ich während des Bachelorstudium mit dem Fachdiskurs zu Kolonialisierung in Berührung gekommen. Frau Dr. Giebler hat mir Erfahrungen ermöglicht, die dann auch den Weg für mein Thema geebnet haben. Auch deshalb bin ich nach meinem Abschluss der wissenschaftlichen Forschung treu geblieben. Durch den engen Austausch mit ihr konnte ich meine Forschung dann gut in der Sozialen Arbeit verorten. Sie hat meine Arbeit nach der Abgabe der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit und dem Fachbereichstag Soziale Arbeit als besondere Dissertation vorgeschlagen, die dann auch ausgezeichnet wurde.
Gleichzeitig wurde das Thema aber auch erst zu dem was es ist, weil ich wissenschaftliche Mitarbeiterin im Graduiertenkolleg Weltpolitik wurde. Der Kontakt zu Disziplinen und Ansätzen, mit denen ich vorher kaum Berührungspunkte hatte, war für mich unglaublich bereichernd. Das Graduiertenkolleg öffnete den Raum dafür, über größere Zusammenhänge nachzudenken und Fragen zu diskutieren, die mir so noch nicht begegnet waren. Diese neuen Perspektiven haben dann auch meine eigene Arbeit stark beeinflusst. Die Themenfindung war also über lange Zeit offen.
Welche Erkenntnis war während des Forschens für Sie die Wertvollste?
Am wertvollsten war für mich die Irritation meinner eigenen Sichtweise. Ich erinnere mich besonders an Gespräche, in denen mein Gegenüber trotz Zustimmung zu den Werten post- oder dekolonialer Ansätze wenig Interesse zeigte, diese Theorien im Hochschulalltag zu verankern. Für manche war das Thema, das mir so am Herzen lag, schwer greifbar, kaum umsetzbar oder mit zu großen Hürden verbunden. Der Kontrast zu meiner damaligen Wahrnehmung machte mir deutlich, wie unterschiedlich schnell sich Ideen je nach Kontext entwickeln. Gerade jetzt, wo viel über die praktische Umsetzung von Dekolonisierung diskutiert wird, ist in den Gesprächen greifbar geworden, wie ungleich die Voraussetzungen dafür sind und wie ungleich die Deutungshoheit über Dekolonisierung verteilt ist.
Welche Erfahrungen stechen für Sie, im Zuge der Promotion, besonders heraus?
Die Erfahrung so etwas geschafft zu haben. Gerade die letzten Monate der Promotion haben mich viel Kraft gekostet, sodass der Moment der Abgabe für mich etwas Besonderes war. Ich war stolz darauf, ein so komplexes und auch etwas abstraktes Thema wie das meine in eine so zusammenhängende und stimmige Form gebracht zu haben.
Wie gestaltete sich die Finanzierung während der Promotion?
Während meiner Promotion habe ich an verschiedenen Stellen als wissenschaftliche Mitarbeiterin gearbeitet. Die ersten drei Jahre konnte ich im von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Graduiertenkolleg „Weltpolitik“ an der Universität Bielefeld ausschließlich für meine Dissertation forschen. Nach einigen Monaten in einer koordinierenden Position in Bielefeld war ich dann für weitere knapp drei Jahre am Fachbereich Sozialwesen der Hochschule RheinMain auf einer Stelle tätig, in der Lehre, Internationalisierungsaufgaben und Forschung zusammenkamen.
Welche Ratschläge können Sie jungen Absolvent*innen an die Hand geben, die Interesse an einer Promotion haben?
„Hab was zu sagen!“ würde ich sagen. Denn gerade die Promotion beschäftigt Wissenschaftler*innen mehrere Jahre und bietet viel Freiheit, an dem zu arbeiten, was sowohl wissenschaftlich als auch persönlich wichtig ist. Die Wissenschaft produziert mittlerweile so schnell und so viele Fachtexte, dass einem schwindelig werden kann. Da macht ein besonders tiefgründiges Argument oder eine besonders innovative Sichtweise auf ein gesellschaftlich relevantes Problem den entscheidenden Unterschied. In der Fülle der Publikationen ist es die Substanz, die wirklich intensive Auseinandersetzung mit einer Fragestellung, die ich an Forschungsarbeiten am meisten schätzen gelernt habe.
Sie haben nun Ihre Promotion mit „summa cum laude“ abgeschlossen. Was sind Ihre nächsten Ziele?
Ein Ziel ist sicherlich die Veröffentlichung des Buches zur Dissertation, das im Herbst 2025 erscheinen soll. Kürzlich habe ich die Zusage des Verlags erhalten und bin gespannt auf die Eindrücke, wenn ich das Manuskript mit etwas Abstand noch einmal lese und überarbeite. Dazu genieße ich gerade eine interessante und herausfordernde Aufgabe außerhalb der Wissenschaft, die viel Potenzial hat, gesellschaftliche Wirkung zu entfalten. Deshalb möchte ich in meiner Position die bestmögliche Arbeit leisten, die ich kann. Ohne die Zukunft aus den Augen zu verlieren, ist es mein Ziel, in der Gegenwart so viel Einfluss wie möglich zu nehmen.
Wir bedanken uns bei Dr. Sandra Holtgreve für das Interview und wünschen ihr weiterhin alles Gute!
Dr. Fabian Falkenberg © Fabian Falkenberg
Dr. Fabian Falkenberg | FH Aachen
Phylogenetic survey of the subtilase family and biochemical characterisation of novel subtilisins derived from halotolerant or halophilic Bacillaceae
Phylogenetic survey of the subtilase family and biochemical characterisation of novel subtilisins derived from halotolerant or halophilic Bacillaceae
Dr. Fabian Falkenberg promovierte 2023 kooperativ an der FH Aachen und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. In seiner Promotion beschäftigte er sich mir der gezielten Suche nach neuen Proteasen.
Beschreiben Sie unseren Leser*innen bitte kurz, womit Sie sich in Ihrer Promotion beschäftigt haben.
Enzyme, welche in Waschmitteln enthalten sind, helfen dabei Flecken auf den Textilien zu entfernen. Ganz bestimmte Enzyme, nämlich die Proteasen sind in der Lage beispielsweise Blut, Ei, Schokolade, Kakao oder Grasflecken zu entfernen. Meine Doktorarbeit konzentrierte sich daher auf die gezielte Suche nach neuen Proteasen. Als natürliche Quelle für diese Enzyme kommen zum Beispiel Bakterien und Pilze in Frage. Hier habe ich die Datenbanken nach bisher noch nicht untersuchten Proteasen durchsucht und diese mittels biotechnologischer Methoden im Labor produziert und gereinigt. Besonders bemerkenswert ist, dass die untersuchten Proteasen selbst bei extremen Bedingungen wie etwa hohe Salzkonzentrationen oder pH-Werten noch funktionsfähig sind. Die Ergebnisse dieser Arbeit konnte ich in vier wissenschaftlichen Publikationen veröffentlichen.
Wie gestaltete sich die Vereinbarkeit von Familienleben/Freizeit und Promotion?
Der hohe Grad an Flexibilität und Eigenverantwortlichkeit in meiner Promotion ermöglichte es mir auch während der Promotion meinen gewohnten Freizeitaktivitäten nachzugehen.
Welche Entscheidungen würden Sie im Nachhinein wiederholen, welche weniger?
Besonders gefallen hat mir, dass ich über mehrere Jahre intensiv an einem Thema arbeiten und mich nicht nur fachlich, sondern auch persönlich weiterentwickeln konnte. Der persönliche Umgang und das familiäre Umfeld an der Fachhochschule Aachen haben mich schon während des Studiums überzeugt, sodass ich meine Entscheidung, eine Promotion zu beginnen und diese an einer Hochschule zu machen, jederzeit wiederholen würde. Die vielen kleinen und großen Entscheidungen, die man im Laufe der Promotion getroffen hat, waren im Nachhinein auch für etwas gut. Wenn etwas nicht so geklappt hat wie geplant, konnte man daraus lernen und neue Wege gehen, die man vorher nicht in Betracht gezogen hatte.
Wie ist es seit der Promotion für Sie weitergegangen?
Noch vor der Verteidigung hatte ich die Möglichkeit bei Henkel in Düsseldorf anzufangen und mich weiterhin mit der Entwicklung von Enzymen und deren Anwendung in Wasch- und Reinigungsmitteln zu beschäftigen.
Dr. Melanie Ludwig © Melanie Ludwig
Dr. Melanie Ludwig | HS Bonn-Rhein-Sieg
Modellbasierte Simulation und Prädiktion der Herzfrequenz im Ausdauersport zur Einschätzung der Leistungsfähigkeit
Modellbasierte Simulation und Prädiktion der Herzfrequenz im Ausdauersport zur Einschätzung der Leistungsfähigkeit
Dr. Melanie Ludwig promovierte 2022 kooperativ an der HS Bonn-Rhein-Sieg und der Universität Mainz zu Modellierung der Herzfrequenz im Ausdauersport.
Ich habe mich mit der Modellierung der Herzfrequenz im Ausdauersport beschäftigt. Das “große Ziel” war es, ein Verfahren zu entwickeln, mit dem ich allein über die Herzfrequenz und die im Sport durchgeführte Belastung (das ist z.B. die körperliche Anstrengung beim Radfahren, gemessen in Watt) eine Aussage darüber treffen kann, ob sich die Fitness einer Person im Vergleich zu einem vorherigen Zeitpunkt verbessert oder verschlechtert hat, oder ob sie in etwa gleich geblieben ist. In dem Kontext habe ich viele Modelle zur Simulation und Vorhersage der Herzfrequenz und auch solche zur Simulation und Vorhersage der Leistung untersucht und teilweise miteinander verglichen.
Wann und weshalb haben Sie sich für Ihr Forschungsthema entschieden?
Eigentlich war das Thema schon die Idee für meine Masterarbeit. Mein Doktorvater an der Hochschule und ich hatten allerdings schon während meiner Masterarbeit recht bald gemerkt, dass das Thema dafür viel zu groß und zu komplex ist. Für eine Dissertation war es hingegen angemessen. Ich wollte immer schon innerhalb der Informatik einen medizinisch-physiologischen Schwerpunkt setzen. Da mein Professor begeisterter Hobby-Radfahrer ist, ergab sich der sportliche Kontext nahezu von selbst.
Wie gestaltete sich Ihre Finanzierung während der Promotion?
Die erste Zeit war ich über meine Hochschule als Lehrkraft für besondere Aufgaben beschäftigt. Diese Stelle hatte allerdings so viel Lehrverpflichtungen, dass ich nicht an meinem Thema arbeiten konnte. Die meiste Zeit wurde ich schließlich über Drittmittel eines Forschungsprojektes finanziert, dessen Antrag ich mitgeschrieben habe und in dem mein Thema ein eigenes Arbeitspaket war. Parallel dazu habe ich für 3,5 Jahre ein Promotionsstipendium über die Gleichstellungsstelle an meiner Hochschule erhalten.
Zu welchem Ergebnis sind Sie mit Ihrem Forschungsvorhaben gelangt?
Nach der Analyse verschiedener Modelle habe ich letztlich ein eigenes Modell verwendet, das ich sehr stark vereinfachen konnte und das auf den von mir genutzten Datensätzen basierend auf alltäglichen Trainingsdaten mit Pulsmessung eine Tendenz für die Entwicklung der Fitness angeben kann. Richtig stabil und zuverlässig ist das ganze noch nicht – dafür wären auch noch größere Analysen auf viel mehr Daten notwendig. Der methodische Ansatz ist sehr vielversprechend und ich weiß, dass meine Forschungsgruppe weiter an dem Thema arbeitet.
Welche Schwierigkeiten stellten während Ihrer Promotion die größten Herausforderungen dar?
Da ich mit meiner Arbeit in einer recht kleinen Nische mit sehr spezifischen Anforderungen an die Daten unterwegs war, war die mit Abstand größte Herausforderung tatsächlich, an geeignete Daten für meine Analysen zu gelangen. Es gab viele Privatpersonen, die ihre Radfahrdaten angeboten oder auch gespendet haben – das war unglaublich nett, jedoch konnte ich mit diesen immer nur einen kleinen Aspekt meiner Forschungsfrage untersuchen. Für die zentrale Frage meiner Arbeit waren solche Daten leider unzureichend. Zwischendurch habe ich einen eigenen Ethikantrag geschrieben, in der Hoffnung, dass wir die nötigen Untersuchungen selbst durchführen können. Das meiste Equipment hatten wir im Labor stehen. Doch ohne einen Arzt vor Ort erhielten wir dafür keine Erlaubnis. Das war ganz schön frustrierend und hat unglaublich viel Zeit gekostet – und das auch noch ohne Erfolg. Letztlich habe ich Daten von meinem Universitätsprofessor aus der Sportwissenschaft erhalten, die bereits für andere Projekte erhoben wurden. Diese waren dadurch zwar für meine Fragestellung auch nicht optimal, haben aber genug Möglichkeiten für eine angepasste Analyse geboten.
Welche nützlichen Tipps können Sie jungen Absolvent*innen an die Hand geben, die sich für eine Promotion interessieren?
Für eine Promotion finde ich drei Dinge sehr zentral: das richtige Umfeld, ein passendes Thema und die eigene Hartnäckigkeit. Den Austausch mit anderen Forschenden, die grob im gleichen Thema unterwegs sind, habe ich als unglaublich wertvoll und motivierend wahrgenommen. Generell muss meiner Meinung nach aber vor allem ‘die Chemie’ zur direkten Arbeitsgruppe und dem betreuenden Professor oder der betreuenden Professorin stimmen. Ansonsten denke ich, dass es ohne ein echtes Interesse für das eigene Thema sehr schwer wird. Und selbst, wenn man für das eigene Thema brennt und das Umfeld stimmt – es ist eine lange, intensive und teilweise einfach frustrierende Zeit. Die Zeitplanung wird durch unzureichende Ergebnisse oder auslaufende Forschungsgelder und zusätzliche Tätigkeiten oft über den Haufen geworfen und muss ständig angepasst werden; Untersuchungen geben oft nicht das gewünschte Ergebnis und müssen angepasst oder sogar vollständig neu gedacht werden; und manchmal will einfach nichts so richtig klappen. Da heißt es dann: durchhalten und weitermachen. Oh, und schreibt frühzeitig Dinge auf! Ergebnisse, Arbeitsschritte, oder auch Grundlagen und Abschnitte zur Literaturübersicht. Am besten auch schon als Paper/Publikationen. Das macht das Leben am Ende deutlich leichter!
Dr. Christoph Saatjohann © Christoph Staatjohann
Dr. Christoph Saatjohann| FH Münster
Practical (In)Security of IoT and Medical IT Systems
Practical (In)Security of IoT and Medical IT Systems
Dr. Christoph Saatjohann promovierte 2023 kooperativ an der FH Münster und der Ruhr-Universität Bochum zu IT-Sicherheit von medizinischen Systemen.
Beschreiben Sie unseren Leser*innen bitte kurz, womit Sie sich in Ihrer Promotion beschäftigt haben.
In meiner Promotion habe ich mich hauptsächlich mit der IT-Sicherheit in medizinischen Geräten und Systemen beschäftigt. Dazu habe ich beispielweise Herzschrittmacher und die damit verbundene Peripherie analysiert und auf ihre Sicherheit hin evaluiert. Weitere Themen waren u.a. Prozesse im Krankenhaus und deren Resilienz gegen Cyberangriffe sowie verwendete Netzwerkprotokolle im Krankenhausbetrieb.
Ein Thema, das mich die ganze Zeit über begleitete und welches ich persönlich sehr spannend finde, ist die Telematikinfrastruktur, die digitale Vernetzung aller medizinischen Einrichtungen und Personen in Deutschland. Auch hier konnte ich einige Probleme finden und durch die Behebung aktiv mithelfen, die Sicherheit der medizinischen Infrastruktur zu verbessern.
Wann und weshalb haben Sie sich für Ihr Forschungsthema entschieden?
Ich bin 2019 auf die Stellenausschreibung der FH Münster am Labor für IT-Sicherheit unter der Leitung von Prof. Dr. Schinzel aufmerksam geworden. Die Stelle war in dem Projekt „MITSicherheit.NRW“ angesiedelt, in welchem die IT-Sicherheit in Krankenhäuser evaluiert und gesteigert werden sollte. Nachdem ich viele Jahre in der Automotive IT-Security gearbeitet hatte, wollte ich einen thematischen Wechsel meiner Arbeit. Viele Aspekte, wie bspw. hohe Sicherheitsanforderungen, begrenzte Platz- und Ressourcenanforderungen der Geräte finden sich in beiden Themengebieten wieder.
Aber schlussendlich war meine Motivation, mich der IT-Sicherheit in der Medizin zu widmen, dass ich hier meine Fähigkeiten als Forscher für IT-Sicherheit sinnstiftend einbringen kann. Unsichere Geräte und Systeme im Bereich eHealth können bewirken, dass private Daten von kriminellen Organisationen bspw. für Erpressungen benutzt werden können, oder auch dass Geräte aktiv angegriffen werden und damit zu einer Gefahr für Leib und Leben werden.
Wie gestaltete sich Ihre Finanzierung während der Promotion?
Meine Stelle war während den ersten 2,5 Jahren meiner Promotion durch das Drittmittelprojekt „MITSicherheit.NRW“ finanziert. Dadurch, dass ich selbst an Projektanträgen mitgeschrieben habe, konnte ich auch inhaltlich spannende Ideen für die weitere Zeit einbringen, sodass ich auch die zweite Hälfte meiner Promotion der medizinischen IT-Sicherheit widmen konnten, nämlich in dem noch laufendem NRW-Projekt „MedMax“.
Welche Erfahrungen stechen für Sie im Zuge Ihrer Promotion besonders heraus?
Die größte Änderung zu meiner vorherigen Arbeit in der Industrie war die Selbstorganisation und auch die damit verbundene Freiheit sowie Flexibilität der Arbeits- und Themenfindung. Diese Erfahrung war für mich sehr positiv, gerade auch im weiteren Verlauf der Promotion und während der Corona-Pandemie mit den damit verbundenen Herausforderungen im privaten und familiären Umfeld. Im Endeffekt ist es die gesamte Arbeitsweise, die für mich besonders positiv heraussticht: Man hat ein Thema, wofür man brennt, welches man vorantreibt, aber man arbeitet trotzdem immer im Team mit den Kolleg*innen.
Wie gestaltete sich für Sie die Vereinbarkeit von Promotion und Freizeit/ Freunden/ Familie etc.?
Durch die Flexibilität in meiner Promotionsstelle konnte ich die Zeiteinteilung zum großen Teil selbst bestimmen. Zusätzlich habe ich die eigentlich volle Projektstelle reduziert, um in Teilzeit arbeiten zu können. Dadurch konnte ich eine gute Vereinbarkeit von Promotion mit Familie und Freizeit herstellen.
Wie ist es seit Ihrer Promotion beruflich für Sie weitergegangen?
Direkt im Anschluss der Promotion bin ich im April 2023 in die noch neue Abteilung „Applied Cryptography and Medical IT Security (ACM)“ im Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie (SIT) gewechselt und arbeite am Aufbau der Abteilung sowie an der Konzeptionierung und Durchführung von Schulungen im Bereich der medizinischen IT-Sicherheit mit. Das heißt, ich werde weiter in dem Themengebiet forschen und mein gewonnenes Wissen durch die Schulungen in die Praxis tragen.
Prof. Dr. Linda Muskat © Winfried Schönbach
Prof. Dr. Linda Muskat | Hochschule Bielefeld
Development of attract and kill formulations for biological psyllid pest control
Development of attract and kill formulations for biological psyllid pest control
Prof. Dr. Linda Muskat schloss im Oktober 2022 ihre kooperative Promotion an der Hochschule Bielefeld und der Georg-Augustus-Universität Göttingen ab, für die sie nun den Nachwuchspreis der Deutschen Phytomedizinischen Gesellschaft erhielt. In ihrer Forschung entwickelte sie ein pilzbasiertes, umweltfreundliches Pflanzenschutzmittel. Bereits während ihrer Zeit als Doktorandin konnte sie zwei Patente anmelden.
Frau Prof. Dr. Muskat, beschreiben Sie unseren Leser*innen bitte kurz, womit Sie sich in Ihrer Promotion beschäftigt haben.
In meiner Promotion habe ich mich mit der Entwicklung von Formulierungen für die biologische Bekämpfung von Schadinsekten im Obstbau beschäftigt. Die entwickelten Formulierungen sollen dazu dienen, in einer sogenannten Attract-and-Kill-Strategie die Schadinsekten mittels eines Lockstoffs anzulocken und anschließend durch einen insektenpathogenen Pilz zu infizieren und abzutöten.
Wann und weshalb haben Sie sich für Ihr Forschungsthema entschieden?
Bereits während meiner Masterarbeit am Institut für Biotechnologie und Wirkstoffforschung (IBWF) in Kaiserslautern habe ich mich mit der Biologie von Schadpilzen an Weinreben und deren Bekämpfung insbesondere mit lebenden Biocontrol Agents und deren Sekundärmetaboliten befasst. Danach war mir folgendes klar: Erstens – ich möchte im Bereich des biologischen Pflanzenschutzes und damit anwendungsorientiert forschen, und zweitens – es sollte etwas mit Pilzen sein. Und so war die ausgeschriebene Promotionsstelle an der Hochschule Bielefeld wie für mich gemacht, da sie beides vereinte und als Zusatz noch die Formulierungstechnologie mitbrachte.
Welche Erfahrungen stechen für Sie im Zuge Ihrer Promotion besonders heraus?
Besonders herausstechend sind die Besuche internationaler Tagungen, um dort die eigene Forschung vorzustellen und mit Wissenschaftlern aus der ganzen Welt zu diskutieren. Diese Tagungen erfordern immer viel Vorbereitung, aber ich hatte danach auch immer das gute Gefühl, etwas geschafft zu haben und sie fordern einen im positiven Sinne. Häufig haben diese Tagungen der eigenen Arbeit noch mal einen richtigen Antrieb verliehen, neue Versuchsfragen aufgeworfen oder neue Richtungen gegeben. Und es war auch ein gutes Gefühl, auf das Interesse und positive Feedback der mitunter in der Wissenschaftswelt richtiggehenden Berühmtheiten zu stoßen. Da fühlt man sich nochmal bestätigt und bestärkt, an etwas wirklich Sinnvollem und Spannendem zu forschen. Und, klar, so ein Event macht insgesamt auch einfach Spaß.
Wie gestaltete sich die Vereinbarkeit von Freizeit oder Familienleben und Promotion?
Das ist sehr individuell und kommt wohl auch darauf an, wo die persönlichen Prioritäten liegen und wie die Toleranz im gesamten Umfeld gestaltet ist. Ich habe da bei meinen Kolleg*innen ganz verschiedene Umsetzungen beobachtet. Von der 24/7-Forscherin bis zum Jungvater, der trotz „heißer Promotionsphase“ wiederholt Elternzeit genommen hat.
Aber die Frage ist natürlich berechtigt, und insgesamt ist so eine Promotion etwas, was einen hohen Grad an Eigenantrieb, Motivation und auch Zeit beansprucht. Kurz gesagt: Man ist gut beraten, wenn man sein Promotionsthema auch zu seinem Hobby macht und die Promotion nicht als lästige Arbeit betrachtet ;)
Welche nützlichen Tipps können Sie jungen Absolvent*innen an die Hand geben, die Interesse an einer Promotion haben?
Zunächst der Klassiker: Man muss für das ausgewählte Thema brennen, sonst verliert man schnell die Motivation.
Dann noch Folgendes: Man sollte sich zunächst die Frage stellen, warum man überhaupt promovieren möchte. Die Promotion ist sozusagen eine Ausbildung zur Führungskraft. Das ist vielen, die eine Promotion beginnen, gar nicht richtig klar und dafür ist auch nicht jede*r gemacht, soll heißen, so eine Promotion ist in der Regel kein Zuckerschlecken und birgt in fast allen Fällen Phasen großer Frustration. Da muss man sich selbst fragen, ob es einem das wert ist, wenn einen der Titel dem individuellen Traumberuf überhaupt nicht näherbringt.
So, jetzt muss ich aber noch ein bisschen Werbung für´s Promovieren machen: Allen, die sich nichts Besseres vorstellen können, als sich in ein spannendes Forschungsthema einzuarbeiten, interessanten Versuchsfragen nachzugehen und gerne später selber entscheiden möchten, in welchem Bereich und an welchen Themen sie forschen möchten, denen kann ich eine Promotion nur empfehlen.
Als Tipp kann ich geben, dass man sich am besten mal mit Promovierten und Nichtpromovierten unterhält, deren Berufsprofil einem persönlich zusagt und versucht herauszufinden, wie man am besten da hinkommt, wo man auch wirklich hinmöchte.
Wie ging es nach Ihrer Promotion bisher für Sie weiter?
Ich habe eine sogenannte Tenure-Track-Professur ergattert und bin seit März 2023 Professorin für Phytopathologie und Pflanzenschutz im Wein- und Gartenbau an der Hochschule Geisenheim University. Das ist exakt das, wo ich hinwollte ;).
Aktuell richte ich mein Labor ein, plane Drittmittelprojekte, bereite mich auf meine Lehrveranstaltungen vor und betreue erste Abschlussarbeiten. Inhaltlich beschäftige ich mich weiterhin mit der Suche und Anwendbarmachung von biologischen Wirkstoffen als Pflanzenschutzmittel, speziell für die Bekämpfung von pilzlichen Phytopathogenen im Wein- und Gartenbau.
Wir bedanken uns bei Prof. Dr. Muskat für das Interview und wünschen ihr weiterhin alles Gute.
Dr. Stephan Wiefling © Stephan Wiefling
Dr. Stephan Wiefling | Hochschule Bonn-Rhein-Sieg
Usability, Security, and Privacy of Risk-Based Authentication
Usability, Security, and Privacy of Risk-Based Authentication
Dr. Stephan Wiefling promovierte im Mai 2023 kooperativ am Institut für Cyber Security & Privacy der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg sowie an der Fakultät für Informatik an der Ruhr-Universität Bochum. Für seine Forschung erhielt er 2022 den Open Data Impact Award.
Herr Dr. Wiefling, beschreiben Sie unseren Leser*innen doch bitte kurz, worum es sich in Ihrer Arbeit handelt.
Cyberangriffe auf die passwortbasierte Authentifizierung stellen eine wachsende Bedrohung für uns alle als Einzelpersonen und für die Gesellschaft als Ganzes dar. So werden weltweit über eine Milliarde Online-Konten mit gestohlenen Kombinationen aus Benutzernamen und Passwort angegriffen. Insbesondere der E-Commerce-Sektor wird angegriffen, was für jeden angegriffenen Kunden finanzielle Folgen hat. Außerdem meldete das Federal Bureau of Investigation (FBI), dass Phishing-Angriffe im Jahr 2022 mit mehr als 300 000 Opfern allein in den USA die häufigste Form der Cyberkriminalität waren. Dies bedeutet, dass die Passwortauthentifizierung jetzt verstärkt werden muss, um Personen vor dieser Art von Angriffen zu schützen.
Leider ist die Mehrheit der Online-Konten nach wie vor verwundbar, denn weniger als 5 % der Nutzerschaft auf öffentlich zugänglichen Onlinediensten verwendet fortschrittliche Sicherheitsmaßnahmen wie die Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA) bei beliebten Online-Diensten. Dies liegt daran, dass Personen 2FA in Anwendungsfällen außerhalb des Online-Bankings ablehnen. Daher kann die risikobasierte Authentifizierung (RBA) eine wirksame Lösung sein, um die 95 % der Nutzer zu schützen, die keine 2FA aktiviert haben.
RBA ist eine datengesteuerte Authentifizierungserweiterung zur Verbesserung der Sicherheit von Online-Konten. Wenn eine Person Anmeldenamen und Passwort eingibt, analysiert RBA verschiedene Anmeldekontexte, wie das verwendete Gerät und den Standort. Wenn atypische Abweichungen festgestellt werden, z. B. ein ungewöhnlicher Ort oder ein ungewöhnliches Gerät, verlangt RBA eine zusätzliche Authentifizierung, um sicherzustellen, dass sich die rechtmäßige Person anmeldet. Durch die Einführung von RBA können Online-Dienste einen besseren Schutz vor unbefugtem Zugriff bieten und gleichzeitig die Auswirkungen auf die Gebrauchstauglichkeit minimieren.
Was war Ihre Motivation, sich in Ihrer Promotion diesem Thema zu widmen?
Obwohl RBA das Potenzial hat, die Online-Sicherheit erheblich zu verbessern, sind die Forschung und Anwendung derzeit auf große Unternehmen wie Google, Amazon und Meta beschränkt, die über die Ressourcen und Daten verfügen, um sie zu implementieren. Der Bedarf an RBA ist jedoch nicht nur auf große Unternehmen beschränkt. Bei durchschnittlich 130 Online-Konten pro Internetnutzer kann eine breitere Verfügbarkeit von RBA für kleinere Organisationen und Institutionen unzähligen Personen zugutekommen und eine sicherere und vertrauenswürdigere Online-Umgebung schaffen. Dies kann auch dazu beitragen, die mit Cyberangriffen verbundenen Kosten wie Datenverlust, Identitätsdiebstahl, finanzielle Schäden und Rufschädigung zu verringern.
Die Relevanz von RBA wird auch dadurch unterstrichen, dass nationale IT-Sicherheitsbehörden wie NIST (USA) und NCSC (UK) ihre Verwendung empfehlen. Ein Erlass von US-Präsident Biden macht RBA für staatliche Einrichtungen in den USA verbindlich, so dass sie heute noch wichtiger ist.
Zu welchen Ergebnissen sind Sie mit Ihrer Forschung gelangt?
Die Studien im Rahmen meiner Promotion, unter anderem bei einem großen Onlinedienst mit mehr als 30 Millionen Logins pro Jahr, haben gezeigt, dass RBA mehr als 99 % der Online-Konten vor gezielten Angriffen schützen kann, ohne die Gebrauchstauglichkeit wesentlich zu beeinträchtigen. Außerdem ziehen Personen in vielen Anwendungsfällen RBA der 2FA vor. Daher ist RBA für den Schutz zahlloser Leute im Internet von entscheidender Bedeutung, bis stärkere Sicherheitsmaßnahmen allgemein verfügbar sind und von der Nutzerschaft akzeptiert werden.
Die Ergebnisse haben allgemein internationale Aufmerksamkeit erlangt, unter anderem von Bruce Schneier und anderen bekannten und einflussreichen Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Industrie (z.B. Google, Meta und LinkedIn). Darüber hinaus gab es hohen Einfluss in der Praxis: So hat z. B. das multinationale Telekommunikationsunternehmen Telenor RBA für seine mehr als 185 Millionen Kundinnen und Kunden ausgerollt. Auch das renommierte Massachusetts Institute of Technology (MIT) hat eine meiner Studien vier Jahre später erfolgreich repliziert. Außerdem gab es letztes Jahr noch den Open Data Impact Award 2022 vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft.
Wie gestaltete sich Ihr beruflicher Werdegang bis hin zur Promotion? Ab wann stand für Sie fest, dass Sie promovieren wollen?
Vor der Promotion habe ich den Master in Medientechnologie an der TH Köln abgeschlossen. Als „Fachhochschüler“ einen Doktor machen zu dürfen, hatte ich damals für unmöglich gehalten. Zum Glück hat mich mein späterer Betreuer Prof. Luigi Lo Iacono damals auf diese Möglichkeit hingewiesen. Danach war für mich sofort klar, dass ich diese Once-In-A-Lifetime-Möglichkeit nutzen werde.
Welche Entscheidungen im Zuge Ihrer Promotion würden Sie wiederholen, welche weniger?
Es war eine sehr gute Entscheidung, die Forschung für die Allgemeinheit und auch für Personen außerhalb von akademischen Zirkeln zugänglich zu machen. Die Forschungsergebnisse zu RBA habe ich regelmäßig auf unserer Webseite riskbasedauthentication.org veröffentlicht, was sicherlich ein Grund für die erhöhte Aufmerksamkeit der Forschung war.
Jede Entscheidung war im Laufe der Promotion im Nachhinein für etwas gut. Daher würde ich keine davon in der Retrospektive missen.
Gibt es etwas, das junge Absolvent*innen Ihrer Meinung nach unbedingt wissen sollten, bevor sie sich für eine Promotion entscheiden? Welche Tipps oder Ratschläge können Sie Interessent*innen geben?
Tiefes Interesse an einem Thema ist generell sehr wichtig für eine Promotion. Das Thema wird viele Jahre im Zentrum der Arbeit stehen, daher ist eine hohe Motivation dafür sehr wichtig.
Außerdem ist mit Rückschlägen zu rechnen. Besonders der Weg am Anfang kann sehr steinig sein. Daher ist es sehr wichtig, während der Zeit als Promovierender Personen an der Seite zu haben, die auch in schwierigen Zeiten gute Ratschläge geben können.
Wir bedanken uns bei Dr. Wiefling für das Interview und wünschen ihm weiterhin alles Gute.
Dr. Michael Kelker © P. Pollmeier
Dr. Michael Kelker | Hochschule Bielefeld
Optimierte Ladung von Elektrofahrzeugen als Markow Entscheidungsprozess mittels maschineller Lernalgorithmen
Optimierte Ladung von Elektrofahrzeugen als Markow Entscheidungsprozess mittels maschineller Lernalgorithmen
Dr. Michael Kelker promovierte im Dezember 2022 kooperativ an der Hochschule Bielefeld am Fachbereich Ingenieurwissenschaften und Mathematik sowie am Fachgebiet Elektrische Energieversorgung der Technischen Universität Ilmenau.
Herr Dr. Kelker, beschreiben Sie unseren Leser*innen bitte kurz, womit Sie sich in Ihrer Promotion beschäftigt haben.
Ich habe mich in meiner Promotion mit einer Ladesteuerung von Elektrofahrzeugen an privaten Haushalten beschäftigt, um die Auslastung bzw. Überlastung der elektrischen Niederspannungsnetze zu verringern oder zu vermeiden.
Dazu habe ich zwei maschinelle Lernalgorithmen eingesetzt: Ein künstliches neuronales Netz zur Bestimmung des aktuellen Zustands des Netzes und ein zweiter, der durch Reinforcement Learning die Ladeleistung der Elektrofahrzeuge autonom steuert. Der Zustand des Netzes, der vom neuronalen Netz generiert wird, dient dem Reinforcement Learning als Eingangsparamater.
Was war Ihre Motivation, sich in Ihrer Promotion diesem Thema zu widmen?
Meine persönliche Motivation war es, eine wichtige Thematik zur Erreichung der Energiewende, also eines komplett emissionsfreien Energiesystems, zu behandeln. Elektrofahrzeuge stellen hierzu eine Möglichkeit dar, den Mobilitätssektor für die private Mobilität emissionsarm zu gestalten, wenn diese vorrangig mit erneuerbaren Energien geladen werden.
Durch die teils hohen Ladeleistungen der Fahrzeuge können jedoch Betriebsmittel der Niederspannungsnetze überlastet werden. Damit weiter Elektrofahrzeuge ins Netz integriert werden können und diese nicht gleichzeitig das Netz überlasten, sind Steueralgorithmen notwendig.
Welche Schwierigkeiten stellten während Ihrer Promotion die größten Herausforderungen dar?
Eine Schwierigkeit war die Generierung der Eingangsdaten mittels eines künstlichen neuronalen Netzes. So ein neuronales Netz benötigt Daten, um trainiert zu werden, damit man es dann für die Generierung der Eingangsdaten einsetzen kann. Solche Daten stehen aus dem Niederspannungsnetz nicht zur Verfügung. Daher sind diese Daten mittels einer Simulation generiert worden. Hierbei sind verschiedene Algorithmen zur Datengenerierung untersucht worden.
Eine weitere Schwierigkeit war die Parametrierung der Stellgrößen der Steuerungs-KI. Da hier keine klassischen Optimierungsverfahren von Stellgrößten greifen, sind diese durch sinnvolles „trial and error“ zu ermitteln. Da das Training pro Episode lange dauert (ca. eine Woche pro Trainingsdurchgang), kann es frustrierend sein, wenn man dachte, eine sinnvolle Änderung der Stellgrößen vorgenommen zu haben und dann nach einer Woche sieht, dass es schlechter und nicht besser geworden ist.
Und welche positiven Erfahrungen stechen für Sie besonders heraus?
Besonders positiv war die Möglichkeit, sich in der Tiefe in ein Thema einarbeiten zu können. Vor meiner Promotion hatte ich z. B. noch nichts mit maschinellen Lernalgorithmen oder KI zu tun gehabt. Auch die kreativen Phasen zur Lösungsfindung verschiedener Problematiken habe ich gemocht. Abschließend hat es mir Spaß gemacht, Lehrveranstaltungen zu übernehmen und motivierte Studierende für das Thema der elektrischen Netze zu begeistern. Über die knapp 5 Jahre sind so einige Studierende zu heutigen Kolleginnen und Kollegen geworden.
Wann stand für Sie fest, dass Sie eine Promotion anstreben wollen?
Den Gedanken hatte ich schon länger, er war aber nie besonders konkret. Bei meiner Masterarbeit hatte mich Prof. Jens Haubrock dann zu einem Thema im Bereich der elektrischen Netze betreut. Die elektrischen Netze hatten mich da schon länger interessiert. Glücklicherweise hatte Prof. Haubrock passend zum Ende meiner Masterarbeit Drittmittel für ein Forschungsprojekt eingeworben und hatte mich dann gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, bei ihm als Doktorand zu arbeiten. Dann ist es konkret geworden.
Gibt es etwas, das junge Absolvent*innen Ihrer Meinung nach unbedingt wissen sollten, bevor sie sich für eine Promotion entscheiden? Welche Tipps oder Ratschläge können Sie Interessenten geben?
Es gibt jede Menge Ratgeber und Tipps für angehende Doktoranden. Wichtig ist, dass man den Weg der Promotion nicht wegen der Perspektive wählen sollte, später mehr Geld zu verdienen. Man sollte Spaß an der Forschung haben und daran, sich tief in ein spezifisches Themengebiet einzuarbeiten. Auch sollte man während der Promotion akzeptieren, dass der erste, zweite oder dritte Lösungsweg nicht immer direkt zum Ziel führen werden. Erst beim Schreiben meiner Dissertation habe ich nochmal gesehen, wie viele Ansätze bei mir in der Tonne gelandet sind. Die Promotion ist eher ein Marathon als ein kurzer Sprint und man muss stets dranbleiben.
Wir bedanken uns bei Dr. Kelker für das Interview und wünschen ihm weiterhin alles Gute.
Dr. Choiwai Maggie Chak © Maggie Chak
Dr. Choiwai Maggie Chak | FH Münster
Towards highly performing community-academic health partnerships
Towards highly performing community-academic health partnerships
Dr. Choiwai Maggie Chak promovierte im November 2022 kooperativ an der School of Business der FH Münster und der Faculty of Behavioural, Management and Social Sciences (BMS) der University of Twente in den Niederlanden.
Frau Dr. Chak, beschreiben Sie unseren Lesern doch bitte kurz, womit Sie sich in Ihrer Promotion beschäftigt haben.
In meiner Doktorarbeit geht es um die Verbesserung der Leistung einer bestimmten Form von Partnerschaftsnetzwerken, der so genannten „Community-Academic Health Partnership“ (CAHP). CAHPs sind seit Jahrzehnten ein verbreiteter Ansatz zur Überbrückung von Wissens- und Praxislücken in der Gesundheitsversorgung. Im Rahmen einer CAHP beziehen Forscher*innen aktiv Wissen, Ressourcen und Kapazitäten von gesellschaftlichen Akteuren, um bessere Forschung zu betreiben. Dabei tragen sie auch zu gezielteren Gesundheitsmaßnahmen und zur Entwicklung von Gesundheitsinnovationen bei.
Ihre Kosteneffizienz und ihr Mehrwert sind allerdings nach wie vor fraglich: Sie werden häufig als zu ressourcenintensiv und komplex in der Verwaltung sowie als nicht leistungsfähig und nicht nachhaltig kritisiert.
Daher habe ich im Rahmen meiner Doktorarbeit das Phänomen aus der Perspektive des Organisationsverhaltens (OB , Organisational Behavior) untersucht. Das Ziel war zu untersuchen, wie Mitarbeiter*innen im deutschsprachigen Raum befähigt werden können, die Herausforderungen und Einschränkungen in ihrem CAHP-Umfeld zu überwinden und die Gesundheitsziele der Partnerschaften zu erreichen.
Was war Ihre Motivation, sich in Ihrer Promotion diesem Thema zu widmen?
Heutzutage arbeiten Gesundheitsforscher*innen zunehmend eng mit gesellschaftlichen Akteuren aus dem öffentlichen, privaten und gemeinnützigen Sektor zusammen, um komplexe Gesundheitsbedrohungen anzugehen und die Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern.
Als Forscherin mit einem Hintergrund in den Bereichen öffentliche Gesundheit und Epidemiologie bin ich mir der Notwendigkeit und des Vorteils von Kooperationen durchaus bewusst. In der Praxis sind die Partnerschaften wie CAHPs jedoch sehr schwer umzusetzen und oft erfolglos. Ich möchte daher erforschen, warum solche Partnerschaften nicht so gut funktionieren. Und, was noch wichtiger ist, nach Möglichkeiten suchen, diese unbefriedigenden Ergebnisse zu verbessern.
Deshalb wollte ich herausfinden, wie man die Herausforderungen und Einschränkungen bei der Umsetzung überwinden und den Kooperationsprozess aus der Managementperspektive optimieren kann. Ich hoffe, dass meine Ergebnisse neue Einblicke in das CAHP-Management bieten, damit Praktiker*innen einen wirksamen und nachhaltigen gesundheitlichen und sozialen Wandel für ihre Gemeinschaften herbeiführen können.
Zu welchem Ergebnis sind Sie mit Ihrer Forschung gelangt?
Im Rahmen der Forschung habe ich die spezifischen Bedingungen, Mechanismen und Prozesse ermittelt, die Führungskräften und Mitarbeitern helfen, ihre Projektziele bei der Umsetzung der CAHPs besser zu erreichen.
Beispielsweise ist es für CAHP-Mitarbeiter*innen entscheidend, sich nicht nur über die Partnerschaftsziele im Klaren zu sein, sondern auch deren Wert zu erkennen, um in einem sehr stressigen Umfeld gute Leistungen zu erbringen. Mit der Unterstützung einer kollaborativen Führung und ausreichenden finanziellen Ressourcen ist es zudem wahrscheinlicher, dass sie bessere alternative Lösungen für Herausforderungen finden. Infolgedessen engagieren sie sich stärker für das Projekt, sind weniger gestresst und können ihre Partnerschaftsziele besser erreichen.
Außerdem fand ich heraus, dass es für diverse Führungskräfte einen ähnlichen Entwicklungsprozess gibt, um in CAHPs effektiv zu sein. Auf der Grundlage der Ergebnisse habe ich einen Rahmen für effektive Führungspraktiken für CAHP-Führungskräfte erstellt.
Die kooperative Promotion wurde von der University of Twente betreut – wie verliefen die ersten Schritte von einer ersten Kontaktaufnahme bis zur Zusammenarbeit?
Zunächst hatte ich Schwierigkeiten, eine(n) Betreuer*in zu finden, der sich für das Thema interessiert. Ich sprach zunächst mit Herrn Prof. Dr. Frank Riemenschneider-Greif an der FH Münster über meine Ideen. Danach stellte er mir eine gute Freundin von ihm, Frau Prof. Dr. Celeste Wilderom, vor. Gemeinsam mit meinem Betreuer an der Fachhochschule Münster, Herrn Prof. Dr. Thorsten Kliewe, verabredeten wir uns zu einem informellen Mittagessen in einem Restaurant der Universität Twente. Nach der produktiven und angenehmen Diskussion vereinbarten wir die kooperative Promotion.
Welche Schwierigkeiten stellten während Ihrer Promotion die größten Herausforderungen dar?
Eine der größten Herausforderungen bei meinem Wechsel vom Gesundheitswesen in die Managementwissenschaften bestand darin, mir das nötige Wissen zu meinem Forschungsthema anzueignen und es mit abstrakten theoretischen Managementkonzepten zu verbinden. Ich habe lange gebraucht, um die komplexe Welt der Sozialwissenschaften zu verstehen und Praxis und Theorie bei der Konzeption und Konstruktion meiner Forschung in Einklang zu bringen.
Zweitens fiel es mir schwer, das Forschungsfeld meiner Doktorarbeit zu bestimmen. In gewisser Weise befindet sich mein Forschungsthema an der Schnittstelle von Public Health, (Projekt-)Management und Implementierung im Gesundheitswesen sowie Organisationsverhalten. Aufgrund seines einzigartigen Schwerpunkts und seiner Transdisziplinarität war es anfangs schwierig, mich in einer bestimmten Disziplin zu positionieren und das richtige Zielpublikum zu bestimmen.
Meine dritte Herausforderung bestand darin, meine Forschung während der COVID-19-Pandemie durchzuführen, die paradoxerweise eine der größten Gesundheitskrisen des Jahrhunderts war. Ich sehe dies jedoch als Herausforderung und zugleich als Chance. Einerseits war es schade, dass ich meine Interviewpartner*innen nicht persönlich treffen und keine ethnografischen Studien durchführen konnte, um ihre partnerschaftlichen Arbeitsumgebungen zu beobachten; andererseits war ich überrascht, dass sich aufgrund der Pandemie mehr Menschen für mein Forschungsthema interessierten und an meiner Forschung teilnahmen – auch dies bestätigte die Bedeutung und Relevanz meiner Forschung.
Wie geht es nach Ihrer Promotion nun für Sie weiter?
Ich würde gerne daran arbeiten, meine Erkenntnisse in der Praxis anzuwenden, um Wissenschaft und Gesellschaft zusammenzubringen. Daher suche ich momentan nach Möglichkeiten, dieses Ziel zu verwirklichen.
Wir bedanken uns bei Dr. Chak für das Interview und wünschen ihr weiterhin alles Gute.
Prof. Dr. Melanie Werner © Heike Fischer
Prof. Dr. Melanie Werner | TH Köln, FH Bielefeld
Klassische Theorien Sozialer Arbeit und soziale Bewegungen
Klassische Theorien Sozialer Arbeit und soziale Bewegungen
Prof. Dr. Melanie Werner wurde für ihre Promotion an der Leuphana Universität Lüneburg, an der TH Köln und an der FH Bielefeld betreut. Die Arbeit erschien im Januar 2023 im Verlag Barbara Budrich.
Frau Prof. Dr. Werner, worum handelt es sich in Ihrer Arbeit?
Ich nehme eine Verhältnisbestimmung klassischer Theorien Sozialer Arbeit zu sozialen Bewegungen vor. Hierzu schaue ich auf den Entstehungszeitraum Sozialer Arbeit, das Deutsche Kaiserreich und die Weimarer Republik. In Zeitschriftenartikeln der Arbeiter- Frauen- und Jugendbewegung sowie in klassischen Theorien der Sozialen Arbeit habe ich analysiert, wie die Begriffe „Volk“ und „Nation“ jeweils verwendet werden. So konnte ich die Art und Weise des Sprechens, also die Semantik von sozialen Bewegungen und klassischen Theorien der Sozialen rekonstruieren und miteinander vergleichen.
Wann und weshalb haben Sie sich für Ihr Forschungsthema entschieden?
Ich habe mich nicht sofort für das Forschungsthema entschieden, sondern habe die Fragestellung mehrmals geändert. Bis die Forschungsfrage tatsächlich stand, habe ich fast ein Jahr gebraucht. Das Forschungsthema hat sich also entwickelt. Für das Thema habe ich mich entschieden, weil ich zum einen gerne historisch arbeite, zum anderen aber auch, weil in der Sozialen Arbeit zwar viel über soziale Bewegungen diskutiert wird, es aber nur wenig empirische Arbeiten dazu gibt. Es hat mich gereizt, dieses Thema anzugehen.
Die kooperative Promotion wurde von der Leuphana Universität Lüneburg betreut – wie verliefen die Schritte von einer ersten Kontaktaufnahme bis zur Zusammenarbeit?
Ich habe meinen Erstbetreuer Prof. Dr. Philipp Sandermann angesprochen, als dieser noch an der Universität Trier beschäftigt war. Er ist auch mit meiner Betreuerin der TH Köln bekannt, sodass der Erstkontakt hier relativ einfach war. Ich bin zu einer Sprechstunde nach Trier gefahren. In dieser Sprechstunde ging es einerseits um inhaltliche Fragen, aber auch um ein persönliches Kennenlernen. Die Betreuung durch Philipp Sandermann war wunderbar: Er hat mir viel Freiheit gelassen, war aber immer da, wenn ich Unterstützung brauchte. Als er dann die Universität Trier verlassen hat, um einen Ruf in Lüneburg anzunehmen, habe ich auch die betreuende Hochschule gewechselt. An der Fakultät Bildung, an der ich promoviert habe, gibt es eine Forschungswerkstatt, in der wissenschaftliche Arbeiten und Projekte vorgestellt werden und man sich gegenseitig berät und unterstützt. Hier habe ich regelmäßig teilgenommen und daraus sehr viel gelernt. An der Leuphana Universität ist außerdem ein begleitender Promotionsstudiengang verpflichtend. Deswegen habe ich noch einmal Seminare besucht, die nicht unbedingt mit meinem Promotionsthema zusammenhängen, aber alle interessant sind. Die meisten dieser Seminare habe ich nicht an der Leuphana Universität selbst, sondern bei anderen Anbietern besucht. Das war zwar manchmal anstrengend, insgesamt halte ich es aber für sinnvoll, auch noch „neben der Promotion zu denken“. Zu meinem Erstbetreuer und anderen Promovend*innen und Kolleg*innen an der Leuphana Universität pflege ich auch nach Abschluss der Promotion einen freundschaftlich-kollegialen Kontakt.
Welches Ziel verfolgten Sie mit Ihrem Forschungsvorhaben?
Ich wollte in der Breite erforschen, wie sich das Verhältnis von Sozialer Arbeit und sozialen Bewegungen darstellt. Ich wollte hierzu einen anderen Zugang wählen als üblich. Es hat mir Spaß gemacht, etwas Neues auszuprobieren.
Welche Schwierigkeiten stellten die größten Herausforderungen dar?
Für meine Dissertation habe ich eine sehr große Menge historischer Texte digitalisiert. Ich bin da etwas naiv gestartet und im Laufe des Prozesses wurde deutlich, dass es mit einem „einfach einscannen“ nicht getan ist. Zwischendurch drohte das ganze Vorhaben zu scheitern, weil viele der Texte, die ich ausgewertet habe, nur in Fraktur vorlagen und die Umwandlung schon einiges an Informatikkenntnissen voraussetzt, die ich leider nicht hatte. Ich habe dann aber eine Lösung gefunden.
Wie gestaltete sich Ihre Finanzierung während der Promotion?
Ich bin ins Mathilde-von Mevissen-Programm der TH Köln aufgenommen wurden. In diesem Programm werden Frauen gefördert, die promovieren möchten. Dieses Programm hat mir ermöglicht, finanziell unabhängig zu promovieren – ein Privileg, für das ich sehr, sehr dankbar bin.
Wie ging es nach Ihrer Promotion für Sie weiter?
Direkt nach der Abgabe habe ich mich auf verschiedene Professuren beworben und bin nun seit 1.12.2022 Professorin an der Dualen Hochschule Stuttgart. Es macht mir großen Spaß zu lehren. Ich möchte aber auch an meinem Promotionsthema dranbleiben und schreibe deswegen an einem Forschungsantrag.
Wir bedanken uns bei Prof. Dr. Melanie Werner für das Interview und wünschen ihr weiterhin alles Gute.
Dr. Sven Annas © Sven Annas
Dr. Sven Annas | FH Münster
Charakterisierung von Rühr- und Mischprozessen in nicht-Newtonschen Fluiden am Beispiel von Biogasanlagen mit Paddelrührwerk
Charakterisierung von Rühr- und Mischprozessen in nicht-Newtonschen Fluiden am Beispiel von Biogasanlagen mit Paddelrührwerk
Dr. Sven Annas promovierte kooperativ an der Fachhochschule Münster und am Lehrstuhl für Strömungsmechanik an der Bergischen Universität Wuppertal. Seine Arbeit beschäftigte sich mit den Rühr- und Mischprozessen von Biogasanlagen und deren Optimierungsmöglichkeiten.
Wann und weshalb haben Sie sich für Ihr Forschungsthema entschieden?
Bereits im Rahmen meines Masterstudiums an der FH Münster habe ich mich mit Rührprozessen in Biogasanlagen im Rahmen einer Studienarbeit auseinandergesetzt. Die gesellschaftliche Relevanz in Kombination mit dem technischen Anspruch hat mich an dieser Stelle sofort begeistert. Darüber hinaus ist es ein vielfältiges Themengebiet, in dem es verfahrens-, strömungstechnische und maschinenbauliche Fragestellungen zu beantworten galt.
Wie gestaltete sich Ihre Finanzierung während der Promotion?
Die Promotion wurde über ein öffentliches Forschungsvorhaben finanziert, welches eine Promotionsstelle beinhaltete. Somit musste ich mir – zum Glück – keine Gedanken über eine Finanzierung machen.
Sie haben im Verlauf Ihrer Promotion mit einem Rührwerkshersteller zusammengearbeitet. Wie entstand diese Kooperation und welchen Stellenwert oder Raum nahm sie im Verlauf der Promotion ein?
Die Themen Nachhaltigkeit und regenerative Energien haben einen großen Stellenwert an der FH Münster, weswegen schon seit dem Jahr 2012 in diesem Bereich aktiv geforscht wird. Vielmehr konnte so bereits ein großes Netzwerk aufgebaut werden.
Durch die große Praxisnähe des Vorhabens war eine enge Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft von Anfang an geplant. Die Kooperation mit einem Rührwerkshersteller war an dieser Stelle von besonderer Bedeutung. Die Erfahrungswerte aus der Praxis sowie der Betrieb von unterschiedlichen Anlagen bilden einen großen Erfahrungsschatz, von dem das Projekt sehr profitiert hat. In Kombination mit den wissenschaftlichen Ansätzen konnten so alle Kompetenzen sinnvoll gebündelt werden. Dass am Ende die Forschungsergebnisse auch Einzug in die Realität erhalten haben, zeigt, wie sinnvoll eine solche Kooperation sein kann.
Was sind für Sie persönlich die Vor- und Nachteile einer Promotion?
Im Grunde kann ich an dieser Stelle nur Vorteile aufzählen. Die Möglichkeit, sich über einen längeren Zeitraum voll und ganz nur einem Themengebiet zu widmen und sich sukzessive durch die vielfältigen Herausforderungen zu manövrieren, hat mir sehr viel Spaß bereitet. Besonders die Möglichkeit, auch das eigene Können unter Beweis zu stellen, habe ich immer als Ansporn gesehen.
Dass dies möglich ist, habe ich insbesondere meinen betreuenden Professoren Herrn Jantzen (FH Münster) und Herrn Janoske (Bergische Universität Wuppertal) zu verdanken, die mir stets hilfreich zur Seite standen, mir aber auch meine Freiheiten während der Forschungsarbeiten gelassen haben.
Wie geht es nach Ihrer Promotion für Sie weiter?
Nach meiner Promotion bin ich mit einer halben Stelle an der FH Münster geblieben und bin dort aktuell im Rahmen einer Nachwuchsprofessur beschäftigt. Hierbei kümmere ich mich weiter um die Forschung im Bereich der Biogasanlagen und halte Lehrveranstaltungen in der Konstruktion und Strömungslehre.
Darüber hinaus bin ich bei dem Unternehmen 2G Energietechnik beschäftigt, welches im Bereich der Kraft-Wärme-Kopplung angesiedelt ist. Thematisch bin ich hier ebenfalls in den Bereich der nachhaltigen Energiewirtschaft eingebunden und arbeite an der Weiterentwicklung von Wasserstoff-Motoren, welche im Rahmen einer dezentralen Energiewirtschaft eine wichtige Schlüsselposition in der Energiewende einnehmen können.
Wir bedanken uns bei Dr. Sven Annas für das Interview und wünschen ihm weiterhin alles Gute.
Dr. Tim Jannusch © TH Köln
Dr. Tim Jannusch | TH Köln
Data privacy and surveillance issues in telematics use: a study in young German drivers
Data privacy and surveillance issues in telematics use: a study in young German drivers
Dr. Tim Jannusch promovierte im November 2021 kooperativ an der Kemmy Business School der University of Limerick und am Institut für Versicherungswesen der TH Köln (ivwKöln)
Wann und weshalb haben Sie sich für Ihr Forschungsthema entschieden?
Für das Forschungsthema habe ich mich in den ersten Monaten der Promotion entscheiden. Mir war es wichtig, ein Promotionsthema mit hoher gesellschaftlicher Relevanz zu wählen, das ich praxisnah erforschen konnte. Dabei wollte ich zudem nicht die fortschreitende Technologisierung unseres alltäglichen Lebens außer Acht zu lassen. Daraus ist mein Forschungsthema entstanden. Und das Beste daran, meine Betreuenden Prof. Dr. Michaele Völler vom Institut für Versicherungswesen der TH Köln und Prof. Dr. Martin Mullins von der Kemmy Business School der University of Limerick haben mir alle Freiheiten gegeben, ein Thema zu finden, das mich jeden Tag aufs Neue fasziniert. Danke dafür!
Haben Sie ein Auslandsaufenthalt während der Promotion absolviert? Welchen Mehrwert können Sie dadurch feststellen?
Meine Promotion habe ich in Kooperation mit der University of Limerick absolviert. Im Rahmen dieser Kooperation bin ich regelmäßig nach Irland gereist, um mich mit meinen Kolleginnen und Kollegen auszutauschen. Leider konnte ich aufgrund von Corona einen geplanten längeren Auslandsaufenthalt nicht antreten.
Zum Mehrwert: Auslandsaufenthalte sind nicht nur wichtig, um unsere professionellen Netzwerke in der Scientific Community auszubauen und zu festigen. Darüber hinaus denke ich, dass es für uns als Forschende wichtig ist, dass wir regelmäßig unseren Horizont erweitern. Auslandsaufenthalte bieten uns diese Möglichkeit. Wir können uns mit Kolleginnen und Kollegen auf einer sehr persönlicheren Ebene austauschen und diskutieren. Zudem erhalten wir die Chance, einen ganz anderen Forschungsalltag zu erleben und auch unsere interpersonellen Kompetenzen weiter auszubilden. Also nur Mut! Alle meine Kolleginnen und Kollegen, die eine Zeit ins Ausland gegangen sind, waren begeistert!
Welches Ziel verfolgten Sie mit Ihrem Forschungsvorhaben?
Forschende und die Politik bemühen sich seit einem halben Jahrhundert darum, junge Fahrer im Straßenverkehr nachhaltig zu schützen. In dem Zusammenhang war mein großes Ziel, einen substanziellen Beitrag zu liefern, um die Unfallraten junger Fahrer langfristig auf ein Niveau nahe Null zu senken. Darüber hinaus wurde mir frühzeitig klar, dass wir Antworten für die Bewältigung eines so komplexen Problems nicht nur in einer einzigen wissenschaftlichen Disziplin suchen sollten. Interdisziplinäre Forschungsansätze sind der Schlüssel. Dafür wollte ich im Rahmen meiner Promotion die Augen öffnen, indem ich verschiedene Forschungsdisziplinen an der Schnittstelle von Verhaltens-, Sozial-, Technologie- und philosophischer Wissenschaft miteinander verknüpft habe.
Zu welchem Ergebnis sind Sie mit Ihrem Forschungsvorhaben gelangt?
Meine Forschungsarbeit liefert nicht nur ein besseres Verständnis für das risikohafte Fahrverhalten junger Menschen in Deutschland, sondern auch Empfehlungen für die Entwicklung von Fahrerüberwachungstechnologien zum Schutz junger Fahrer. Zusätzlich behandle ich Auswirkungen dieser Technologien auf die moderne Gesellschaft im Sinne der aktuellen Debatte zu Überwachung und Privatsphäre. Ich hoffe, ich habe euch jetzt etwas „hungrig“ auf das Thema gemacht. Wenn ihr weitere Details möchtet, schaut gerne einmal in meine Promotion rein! >> Hier << geht’s zu meiner Arbeit. Falls Ihr Fragen oder Anregungen habt, lasst uns gerne in den Austausch gehen.
Welche nützlichen Tipps können Sie jungen Absolvent*innen an die Hand geben, die Interesse an einer Promotion haben?
Tauscht euch mit anderen Forscherinnen und Forschern aus. Seit mutig und fragt einfach mal nach, was von euch in eurer Forschungsdisziplin erwartet wird. Sucht euch ein Thema, wofür ihr euch jederzeit begeistern könnt. Eine Promotion hat Höhen und Tiefen. Gerade wenn es mal nicht so gut läuft, ist es m.E. wichtig, ein Thema zu haben, das euch immer wieder fasziniert. Sucht euch einen Betreuenden, der fordert, fördert und der euch den Raum gibt, euch in eurer wissenschaftlichen Disziplin selbst zu entdecken. Außerdem solltet ihr euch mit den Promotionsbedingungen an der Fachhochschule oder Hochschule auseinandersetzen, an der ihr promovieren möchtet. Das Graduiertenzentrum der TH Köln bietet zum Beispiel eine Vielzahl von Veranstaltungen, Workshops, Coachings und Seminaren an, die mir geholfen haben, das passende Skillset für meine Promotion aufzubauen.
Welche Erfahrung stechen für Sie im Zuge der Promotion besonders heraus?
Eine Erfahrung, die mich im Rahmen der Promotion besonders geprägt hat, war das Mitwirken an dem EU HORIZON 2020 VI-DAS. Das VI-DAS-Projekt konzentriert sich auf ein Szenario, in dem sich der Mensch und das Auto die Verantwortung für die Fahraufgabe teilen. Dabei werden im Auto visuelle Sensoren eingesetzt, um das Verhalten des Fahrers in allen seinen Facetten zu verstehen. Das intelligente Auto kann dadurch einschätzen, ob der Nutzer in der Lage ist, das Auto aktiv zu steuern und die Verantwortung für die Fahraufgabe zu übernehmen. Begeistert hat mich vor allem, wie nationale und internationale Kooperationspartner gemeinsam praxisnahe Lösungsstrategien für die gestellten Zukunftsfragen entwickelt haben. Darüber hinaus hat mir der Austausch und wissenschaftliche Diskurs mit verschiedenen internationalen Forschungsgruppen besonders Spaß gemacht. Dadurch wurden meine Forschungsthemen teilweise komplett auf den Kopf gestellt. Das war aber gar nicht schlimm. Wenn man ehrlich ist, sieht man manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht. Der regelmäßige Austausch hat mir dabei geholfen, den Wald wieder zu erkennen und die richtigen Fragen zu stellen.
Zuletzt noch ein kurzer Apell. Ich habe artikelbasiert promoviert. Hierbei habe ich oftmals für abgelehnte Forschungsartikel von den Journalen kaum substanzielle Rückmeldungen bekommen. Das empfinde ich als sehr schade und deprimierend. Gerade der Review-Prozess kann uns als wissenschaftlichem Nachwuchs dabei helfen zu verstehen, wie wir die Qualität unserer Forschung verbessern können. Mir ist klar, dass die aktuell etablierten Prozesse den Reviewenden oftmals nicht die notwendige Zeit einräumen, substanzielles Feedback zu verfassen. Mein Wunsch wäre daher, dass wir einmal darüber nachdenken, wie wir in den aktuellen Review-Prozessen Zeit für eine Feedbackkultur schaffen können, die den wissenschaftlichen Nachwuchs nicht deprimiert, sondern vielmehr dabei hilft, wissenschaftliche Potenziale auszuschöpfen.
Wir bedanken uns bei Dr. Tim Jannusch für das Interview und wünschen ihm weiterhin alles Gute.
Dr. Matteo Große-Kampmann © Matteo Große-Kampmann
Dr. Matteo Große-Kampmann | Westfälische Hochschule
Towards understanding attack surfaces of analog and digital threats
Towards understanding attack surfaces of analog and digital threats
Dr. Matteo Große-Kampmann promovierte im März 2022 kooperativ an der Ruhr Universität Bochum und an der Westfälischen Hochschule (Institut für Internet-Sicherheit)
Welche Universität ist beteiligt? An welchem Lehrstuhl bzw. Institut wurden Sie dort promoviert?
Als Universität war die Ruhr Universität Bochum beteiligt. Dort wurde ich am Lehrstuhl für Systemsicherheit in der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik durch Prof. Dr. Thorsten Holz betreut. Weiterhin war die Westfälische Hochschule mit dem Institut für Internet-Sicherheit beteiligt. Dort wurde ich von Prof. Dr. Norbert Pohlmann betreut.
Wann haben Sie mit der Promotion begonnen & wann haben Sie diese abgeschlossen?
Begonnen habe ich im Oktober 2017 und die Verteidigung der Promotion war im März 2022. Insgesamt hat sich die Promotion also über 4 ½ Jahre hingezogen. Den Traum von der dreijährigen Promotion konnte ich also nicht umsetzen, wobei die aktuellen Zahlen der DFG dies grundsätzlich widerlegen.
Worum handelt es sich in Ihrer Arbeit?
Es geht im Wesentlichen um das Verständnis von Angriffsflächen von digitalen Systemen. Wie lassen diese sich messen, gibt es durch die zunehmende Verknüpfung von Off- und Online-Welt neue Angriffsmöglichkeiten und wie können wir uns schützen.
Wie entstand die Kooperation mit AWARE7 GmbH und welchen Stellenwert oder Raum nahm es im Verlauf der Promotion ein?
Es handelt sich bei der Promotion nicht um eine klassische Industriepromotion, sondern eher um einen Zufall. Im Laufe meiner Promotion hat sich die Gründung der AWARE7 ergeben. Die Promotion lief dann eher parallel dazu, da ich natürlich auch Paper veröffentlichen musste. Im Rahmen der Arbeit bei der AWARE7 ist dies oft nicht möglich beziehungsweise aufgrund von Vertraulichkeitsvereinbarungen verboten, daher habe ich an der Promotion und den Inhalten meist abends oder nachts gearbeitet. Im Nachhinein wäre die Promotion vielleicht etwas schneller verlaufen, wenn ich nicht nebenbei noch die AWARE7 gemeinsam mit Herrn Chris Wojzechowski gegründet hätte, aber alles in allem würde ich es vermutlich wieder genauso machen.
Wie gestaltete sich die Vereinbarkeit von Familienleben (und/oder), Freizeit und Promotion?
Es ist zwar immer komisch das über sich selbst zu schreiben, aber ich würde mich als emanzipierten Mann beschreiben und das ist dann schon teilweise schwierig, alles unter einen Hut zu bekommen. Arbeit, Promotion, Familie, da zerren schon immer einige Verpflichtungen an einem und ein bisschen Freizeit zwischendurch darf es auch gern sein. Das Stichwort an der Stelle lautet Flexibilität und ich habe das Glück, meine Arbeitszeit einigermaßen flexibel gestalten zu können. Das sehe ich als absolutes Privileg, da ich die Promotion in einem starreren Arbeitsumfeld vermutlich nicht hätte beenden können. Durch diese Flexibilität können meine Frau und ich uns Verantwortlichkeiten entsprechend aufteilen und allen Verpflichtungen entsprechend nachkommen und auch ein bisschen Freizeit haben.
Welches Ziel verfolgten Sie mit Ihrem Forschungsvorhaben?
Ziel des Forschungsvorhabens war es zu verstehen, wie sich Angriffsflächen verändern, wie Sie zu minimieren sind und wie zuverlässig Messungen im Internet überhaupt sind.
Zu welchem Ergebnis sind Sie mit Ihrem Forschungsvorhaben gelangt?
Im Rahmen des Forschungsvorhabens habe ich einen Angriff entdeckt, welcher durch die DSGVO erst möglich wurde, konkreter durch die sogenannte “Auskunftspflicht”. Dafür braucht es keine technischen Hintergründe sondern nur ein bisschen Kreativität beziehungsweise kriminelle Energie. Weiterhin konnten wir im Rahmen der Arbeit für verschiedene Unternehmen herausfinden, dass Sie viele Informationen im Internet bereitstellen, die passgenaue Phishing Kampagnen ermöglichen und ich habe Kriterien erarbeitet, wie Messungen im Internet deutlich verbessert werden können, hinsichtlich der Ziele eines jeden wissenschaftlichen Experiments, also der Reproduzierbarkeit (Ein anderes Team von Forschern führt das Experiment mit demselben Aufbau durch) und Replizierbarkeit (Ein anderes Team von Forschern führt das Experiment mit einem anderen Aufbau durch). Angriffsflächen verändern sich aktuell stetig, entweder durch technischen Fortschritt oder aber auch durch die Einführung neuer Regulatorien. Weiterhin haben wir aktuell nur eingeschränkte Möglichkeiten, diese Angriffsflächen nach wissenschaftlichen Grundsätzen verlässlich zu vermessen.
Welche Schwierigkeiten stellten die größten Herausforderungen dar?
Die größte Herausforderung war es, die Promotion neben der Arbeit und dem Privatleben fertig zu stellen. Dies konnte ich aber durch konsequentes Zeitmanagement relativ gut in den Griff bekommen, trotzdem ist man natürlich immer auch von anderen Personen abhängig, sodass ein gewisses Maß an Flexibilität trotzdem notwendig ist.
Wie geht es nach Ihrer Promotion für Sie weiter?
Die AWARE7 steht aktuell vor verschiedene Herausforderungen. Als junges Unternehmen, dass den Wechsel vom StartUp zum Mittelstand vollzieht, gibt es verschiedene Herausforderungen, die wir bewältigen müssen. Darüberhinaus haben wir zwei Forschungsförderungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gewonnen, welche wir nun mit wissenschaftlichen Partnern umsetzen. Durch die Forschungsnähe der Firma bleiben wir forschungsnah und sorgen dafür, dass Sicherheit in die Köpfe der Menschen gelangt. Weiterhin möchte ich persönlich weiter qualitativ hochwertige Forschungsergebnisse veröffentlichen, um mein Forschungsprofil und das Profil der AWARE7 in diesem Bereich weiter zu schärfen.
Wir bedanken uns bei Dr. Matteo Große-Kampmann für das Interview und wünschen ihm weiterhin alles Gute.
Dr. Sarah Jasper © Sarah Jasper
Dr. Sarah Jasper | HS Bochum
Experimentelle Untersuchungen zur Strömung und zur Gesteins-Fluid-Wechselwirkung während des Hochdruckbohrprozesses für Tiefbohrungen mittels bildgebender Verfahren und PIV Geschwindigkeitsmesstechnik
Experimentelle Untersuchungen zur Strömung und zur Gesteins-Fluid-Wechselwirkung während des Hochdruckbohrprozesses für Tiefbohrungen mittels bildgebender Verfahren und PIV Geschwindigkeitsmesstechnik
Dr. Sarah Jasper promovierte im Dezember 2021 an der HS Bochum.
Wann und weshalb haben Sie sich für Ihr Forschungsthema entschieden?
Schon während meines Studiums hat mir die Bearbeitung von anwendungsnahen, wissenschaftlichen Projekten viel Spaß gemacht. Nach dem Masterstudium hat sich für mich die Möglichkeit ergeben als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Bochum in dem vom Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen geförderten Projekt „Rapid optical imaging for waterjet drilling technology enhancement (ROWDY)“ mitzuwirken. Das Ziel des Projekts war es, die Nutzung von Hochdruckwasserstrahltechnik für geothermische Tiefbohrungen zu erforschen. Die Bearbeitung einer Problemstellung in der Erschließung neuer Optionen für eine regenerative Energieversorgung hat mich besonders gereizt. Die Entscheidung das Forschungsthema zu bearbeiten habe ich auch deshalb getroffen, weil ich die Möglichkeit hatte für die Bearbeitung experimentelle Methoden anzuwenden. Dazu musste u.a. ein neuer Prüfstand konzipiert und in Betrieb genommen werden, der es ermöglichte, den Bohrprozess mit optischer Messtechnik zu untersuchen.
Wie gestaltete sich Ihre Finanzierung während der Promotion?
Während meiner Promotion war ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Bochum am Institut für Thermo- und Fluiddynamik im Fachbereich Mechatronik und Maschinenbau angestellt. Die Finanzierung wurde teils über das Forschungsvorhaben „ROWDY“ und teils direkt über die Hochschule Bochum realisiert. Das Forschungsvorhaben „ROWDY“, ein Kooperationsprojekt zwischen der Hochschule Bochum und dem Fraunhofer IEG (ehemals Internationales Geothermiezentrum Bochum) wurde im Rahmen der Forschungsförderung an Fachhochschulen „FH Struktur“ vom Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert. Zusätzlich wurde ich zeitweise durch ein Stipendium aus Gleichstellungsmitteln der Hochschule Bochum gefördert.
Welches Ziel verfolgten Sie mit Ihrem Forschungsvorhaben?
Als regenerative Energiequelle kann die Nutzung geothermischer Energie einen entscheidenden Beitrag zur Energiewende, besonders im Wärmesektor, leisten. Der Anteil der Geothermie am Endenergieverbrauch ist in Deutschland momentan allerdings noch sehr gering. Der Grund dafür sind hohe Kosten für die notwendigen Tiefbohrungen in mehrere hundert Meter Teufe. Eine bereits für oberflächennahe Bohrungen existierende Bohrtechnik, basierend auf der Nutzung von Hochdruckwasserstrahlen, sollte dafür für die Tiefbohrtechnik erweitert und optimiert werden. Die Umgebungsbedingungen bei oberflächennaher Bohrtechnik und der Tiefbohrtechnik unterscheiden sich jedoch deutlich. In mehreren hundert Metern Teufe ist zum Beispiel der Druck am Boden des Bohrlochs um mehrere 10 bar höher als an der Oberfläche. Das hat einen Einfluss auf die Strömung am Bohrlochboden, also auf den Hochdruckwasserstrahl, mit dessen Unterstützung der Bohrfortschritt verbessert wird. Das Ziel meines Forschungsvorhabens war es, diesen Einfluss der veränderten Druckbedingungen auf die Strömung zu untersuchen.
Zu welchem Ergebnis sind Sie mit Ihrem Forschungsvorhaben gelangt?
Die experimentellen Ergebnisse meiner Arbeit zeigen, dass zwei deutlich zu unterscheidende Bereiche der Strömung während des Tiefbohrens existieren. Ein Bereich kavitationsfreier Strömung und einen Bereich der Strömung, in dem Kavitation auftritt. Unter Kavitation versteht man das Entstehen und Zerfallen von Gasblasen durch das Unterschreiten des Dampfdrucks. Durch Kavitation können hohe Druckspitzen entstehen, die zu einem Materialversagen führen. Diese beiden Bereiche lassen sich durch eine angepasste Kavitationszahl trennen. Diese Kennzahl gibt außerdem Aufschluss über die Ausbreitungslänge der entstehenden Kavitation, d.h. in welchem Abstand vom Bohrwerkzeug die Gasblasen zerfallen. Diese müssen das Gestein am Bohrlochboden erreichen, damit es zu einem Gesteinsabtrag kommt und ein Bohrfortschritt generiert wird. Während des Bohrens kann mit Hilfe der angepassten Kavitationszahl der gewünschte Bereich gezielt eingestellt werden, wenn der Druck am Bohrlochboden und der Arbeitsdruck am Bohrwerkzeug bekannt sind.
Welche nützlichen Tipps können Sie jungen Absolvent*innen an die Hand geben, die Interesse an einer Promotion haben?
Meiner Meinung nach ist das Wichtigste, dass man ein Forschungsthema bearbeitet, für das man sich immer wieder motivieren kann. Die Promotion kann mit Höhen und Tiefen verbunden sein. Selbstdisziplin und Durchhaltevermögen gehören also für mich auf jeden Fall dazu. Aus Rückschlägen und unvorhergesehenen Ereignissen kann man allerdings auch viel lernen. Besonders gefallen hat mir während der Promotion, dass man weitestgehend selbstständig und selbstverantwortlich das eigene Projekt vorantreiben und bearbeiten kann. Dabei hilft es sich für die Zeit der Promotion einen Zeit- und Arbeitsplan zu erstellen.
Wir bedanken uns bei Dr. Sarah Jasper für das Interview und wünschen ihr weiterhin alles Gute.
Dr. Kai Hauprich © Hans-Jürgen Bauer
Dr. Kai Hauprich | HS Düsseldorf
Mobiltelefon- und Internetnutzung durch Menschen mit Lebensmittelpunkt Straße in Nordrhein-Westfalen und ihr Nutzen in deren besonderen Lebensverhältnissen
Mobiltelefon- und Internetnutzung durch Menschen mit Lebensmittelpunkt Straße in Nordrhein-Westfalen und ihr Nutzen in deren besonderen Lebensverhältnissen
Dr. Kai Hauprich promovierte im Herbst 2021 an der HS Düsseldorf.
Wie kamen Sie zu dem Entschluss, nach erfolgreichem Bachelor- und Masterabschluss den Weg der Promotion einzuschlagen?
Ich verstehe die Soziale Arbeit als eine angewandte Wissenschaft und eine professionelle soziale Dienstleistung. Zu dieser Professionalität gehört es auch das eigene Handeln und die eigenen Angebote mit wissenschaftlichen Methoden kritisch zu hinterfragen. Außerdem durfte ich bereits während meines Studiums erste Erfahrungen in der Armuts- und Wohnungslosigkeitsforschung sammeln. Diese Arbeit hat mich seit dem ersten Tag mindestens genauso fasziniert wie die praktische Sozialarbeit. Während Kommiliton:innen sich im Studium bereits in bestimmten Handlungsfeldern spezialisiert haben, habe ich mein Wissen in der Sozialarbeitsforschung vertieft. Die Promotion war für mich der nächste logische Schritt.
Schildern Sie bitte kurz, womit Sie sich in Ihrer Forschungsarbeit beschäftigt haben.
Die Dissertation beschäftigt sich mit der Nutzung von Mobiltelefonen und dem Internet durch Menschen, die auf der Straße leben oder von anderen Formen der Wohnungslosigkeit betroffen sind. Dabei geht die Untersuchung zum einen der Frage nach, wie insbesondere wohnungslose und obdachlose Menschen Zugang zu Mobiltelefonen und Internet finden, wie die Geräte und Medien von unterschiedlichen Gruppen dieses Personenkreises eingesetzt werden, welche Inhalte und Funktionen genutzt werden und zum anderen, welche Hürden genommen werden müssen, um trotz prekärer Lebenssituation von digitalen Medien profitieren zu können. Es werden unterschiedliche Nutzungsstrategien und Formen der Aneignung in den Blick genommen und ihre besondere Relevanz im Kontext von Wohnungslosigkeit rekonstruiert. Die Arbeit untersucht zudem den Nutzen und die Gebrauchswerte von Mobiltelefon und Internet für Menschen mit Lebensmittelpunkt Straße und geht damit der Frage nach, was sie „davon haben“ digitale Medien zu nutzen, d.h. wie digitale Medien ihnen bei der Bewältigung der herausfordernden Lebensbedingungen helfen, denen sie unterworfen sind
Was war die größte Herausforderung im Zuge Ihrer Promotion und wo bzw. durch wen haben Sie Unterstützung erhalten?
Ich empfand es als eine enorme Herausforderung ein Thema zu untersuchen und zu beleuchten, dass in dieser Weise noch nie wissenschaftlich untersucht wurde. Es gibt daher keine Blaupausen, universellen Strategien oder erwartbaren Antworten. Daher muss man hin und wieder auf sein eigenes Fachwissen, methodisches Können und auch seine wissenschaftliche Intuition vertrauen. Ich hatte das große Glück, dass meine Doktorväter mich bestärkt, unterstützt und ermutigt haben, statt mich zu verunsichern oder in Frage zu stellen. Das gleiche gilt für meine Partnerin, meine Familie sowie befreundete Kolleg:innen, die mich in dieser herausfordernden Phase der Verunsicherung getragen und auch bisweilen ertragen haben.
- Welche drei Tipps würden Sie potentiellen Doktorand*innen geben?
Man sollte für sich sehr klar haben für wen oder was man eine Promotion anstrebt. Es braucht sehr viel Zeit, Energie und Kraft ein solches Projekt zu beenden. Da ist es von Vorteil, wenn man nicht an dem Warum zweifelt.
Man sollte ein Thema wählen, das einen selbst fasziniert und das auch noch nach langer Zeit trägt. Das kann über „Durststrecken“ und Motivationsprobleme hinweghelfen. Beides gehört zum Prozess dazu.
Man sollte sich zutrauen anzufangen und vermeiden „Angst vor dem weißen Papier“ zu entwickeln. Fehler und Misserfolge gehören zur Promotion dazu und das ist auch nichts Schlimmes. Aus der Angst vor Fehlern nicht anzufangen, kann sich aber zum größten Problem entwickeln.
Wie geht es nun nach der Promotion für Sie weiter?
Derzeit arbeite ich in einem wunderbaren Verein in Köln, der sich um wohnungslosen Menschen kümmert und darf dort als Sozialarbeiter das Projekt „Housing First“ aufbauen und erproben. Außerdem setzen wir viele Erkenntnisse und Erfahrungen aus meiner Dissertation praktisch um und entwickeln Digitalisierungsprojekte für wohnungslose Menschen. Neben der praktischen Sozialarbeit bin ich mit großer Freude an verschiedenen Hochschulen als Lehrbeauftragter für Wohnungslosenhilfe tätig.
Wir bedanken uns bei Dr. Kai Hauprich für das Interview und wünschen ihm weiterhin alles Gute.
Dr. Hannah Flock © TH Köln
Dr. Hannah Flock | TH Köln
Einzelfadenverklebung in der Gemälderestaurierung: Klebstoffe, Prüfsystematik und Ergebnisse.
Einzelfadenverklebung in der Gemälderestaurierung: Klebstoffe, Prüfsystematik und Ergebnisse.
Dr. Hannah Flock promovierte kooperativ an der TH Köln und der Universität des Saarlandes (UdS).
Beschreiben Sie bitte kurz, womit Sie sich in Ihrem Promotionsprojekt beschäftigt haben.
In der Gemälderestaurierung hat sich die Einzelfadenverklebung als Maßnahme zur Behandlung von Durchtrennungen in textilen Bildträgern in den vergangenen Jahren etabliert. Man strebt mit dieser Verklebungstechnik die Wiederherstellung der mechanischen Eigenschaften und visuellen Erscheinung des ursprünglichen Textilverbunds ohne abweichende Eigenschaften durchgehender Verklebungen an. Diese Technik birgt das hohe Potential, minimal-invasiv zu behandeln und dabei trotz dessen die strukturelle Unterstützung zu leisten, der es für einen langfristigen Kunst- und Kulturerhalt bedarf. Grundlage des kooperativen Promotionsprojekts stellte meine Masterthesis aus dem Jahr 2013 zum Thema „Neue Untersuchungen zur Rissschließung in Leinwandbildträgem: Uni- und biaxiale Zugprüfungen an Prüfkörpern aus verklebtem Leinengarn und -gewebe sowie freien Klebstofffilmen“ dar. Ziel der Thesis war es, die Klebstoffevaluierung anhand übergreifender Testreihen durchzuführen, welche die Bezüge und Abhängigkeiten unterschiedlicher Klebstoffe, Verklebungstechniken und Prüfmethoden darstellen. In Kooperation mit dem Lehrstuhl für Technische Mechanik (LTM) an der Universität des Saarlandes (UdS) wurde dabei erstmalig auch ein biaxialer Versuchsaufbau herangezogen.
Im Rahmen meiner kooperativen Promotion erfolgte die Fortführung, Vertiefung und Erweiterung der Thematik, um tiefere Erkenntnisse im Forschungsfeld der Verklebung von Rissen und Schnitten erlangen zu können. Die restauratorische Technik der Einzelfadenverklebung zur Schließung von Durchtrennungen in textilen Bildträgern von Gemälden erfolgte dabei mittels Feinwerkzeugen unter dem Mikroskop in unterschiedlich möglichen Verbindungstechniken sowie mit verschiedenen Klebstoffoptionen an Probekörpern. Das Anforderungsprofil an die Klebstoffe gestaltet sich als äußerst komplex, sodass der Schwerpunkt der Forschung die Evaluierung unterschiedlicher Klebstoffanwendungen durch Material- und Werkstoffprüfungen, vornehmlich uni- und biaxiale Zugprüfungen, war. Von besonderem Interesse sind in diesem Zusammenhang u.a. die Erzielung homogener, reproduzierbarer Verklebungsqualitäten, die Wiederherstellung der ursprünglichen mechanisch-physikalischen Eigenschaften, die Beständigkeit der Verklebung unter dauerhafter Bildspannung, das Alterungs- und Langzeitverhalten, die Kompatibilität mit den originalen Gemäldebestandteilen sowie eine langfristige Wiederbearbeitbarkeit des Systems. Übergeordnete Ziele der Dissertation waren unmittelbare Leitlinien zur Materialprüfung sowie Klebstoffanwendung für Gemälderestauratoren. Durch die fachübergreifende Kooperation des LTM der Universität des Saarlandes mit dem CICS der TH Köln konnte optimal von den gegenseitigen Erfahrungen und Möglichkeiten im interdisziplinären Austausch profitiert werden, um wichtige Grundlagen der Material- und Werkstoffprüfung in der Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft zu etablieren.
Sie haben kooperativ an der Universität des Saarlands promoviert. Wie verlief die Zusammenarbeit von der ersten Kontaktaufnahme bis hin zu Ihrer erfolgreichen Promotion?
Bereits im Zuge meines Masterprojekts hatte ich 2013 Kontakt zum Lehrstuhl für Technische Mechanik der Universität des Saarlandes (UdS) aufgenommen, da ich gerne biaxiale Zugprüfungen umsetzen wollte. Der leitende Professor Dr.-Ing. Stefan Diebels war der interdisziplinären Zusammenarbeit gegenüber sehr aufgeschlossen und hat mir ermöglicht, dort Versuche für meine Masterarbeit umzusetzen. Nach Abschluss des Masterstudiums war ein erster Anfang gemacht, viele Fragen blieben jedoch offen bzw. hatten sich neu ergeben; ich wollte gerne die Arbeit an dem Thema fortsetzen. Herr Prof. Dr.-Ing. Diebels bot mir an, mich als Doktorandin aufzunehmen, sodass ich dann die kooperative Promotion an der UdS und der TH Köln (nach einem Jahr Pause und selbstständiger beruflicher Tätigkeit als Gemälderestauratorin) 2014 beginnen konnte. Da ich einen Master of Arts an der Fakultät der Kulturwissenschaften der TH Köln erworben hatte, nun jedoch an der Naturwissenschaftlich-Technischen Fakultät der UdS zum Doktor der Ingenieurwissenschaften promovieren wollte, war meine Aufnahme in die Promotionsliste mit Auflagen verbunden. Im Zuge der Promotion musste ich nachträglich Kurse in den Material- und Werkstoffwissenschaften besuchen und nachträgliche Prüfungsleistungen erbringen, z.B. in Statik und Festigkeitslehre, zu Polymerwerkstoffen, Klebstoffen und Klebstofftechnologie sowie experimenteller Mechanik oder Kontinuumsmechanik. Die im Rahmen der Prüfungen erfolgreich erworbenen Credits musste ich dann mit der Abgabe meiner Dissertation nachweisen, um das Promotionsverfahren eröffnen lassen zu können. Nach der Abgabe musste ich mich dann erstmal gedulden, bis alle Gutachten vorlagen und die Verteidigung anberaumt werden konnte.
Welche Erkenntnis während des Forschens war für Sie die Wertvollste?
Da es sich um ein stark anwendungsbezogenes, interdisziplinäres Forschungsthema handelt, waren die Erkenntnisse mannigfaltig. Eine der wichtigsten Erkenntnisse war jedoch leider, wie unzureichend die wissenschaftliche Bearbeitung des Themas bislang ist, da bisher kaum systematische Erforschung stattgefunden hatte und die praktische Anwendung in der Restaurierung stark empiriegeleitet ist: Sich zuvor bereits mit dem Thema befasste Arbeiten weisen zumeist das Problem unzureichender Vergleichbarkeit untereinander sowie keine zufriedenstellenden Übertragbarkeiten auf die konkret zu behandelnden Gewebestrukturen innerhalb der Objekte auf. Eine besondere Herausforderung bei Anwendung der Einzelfadenverklebungstechnik liegt beispielsweise in der dauerhaften, biaxialen Aufspannung der behandelten Gemälde; es bedarf somit der wohlbedachten Auswahl zuverlässiger Klebstoffsysteme, welche nicht nur zunächst zufriedenstellende Verklebungen ermöglichen, sondern sich speziell unter dauerhafter Aufspannung in ihren mechanischen Eigenschaften bewähren. Die grundsätzliche Frage nach einer geeigneten Prüfsystematik zur Charakterisierung und Bewertung der Verklebungen im Anwendungsfall konnte jedoch zuvor noch nicht beantwortet werden. Im Kontext der Evaluierung der mechanischen Klebstoffeigenschaften stellt sich dabei mitunter als zusätzliche Hürde dar, dass wesentliche Grundlagen der Materialwissenschaften bislang keinen festen Bestandteil des Hochschulstudiums der Konservierungs- und Restaurierungswissenschaften darstellen. Dies bedingt, dass mitunter auch ein fehlendes Verständnis der mechanischen Hintergründe wichtiger Grundlagenforschung im Wege steht. Wie wesentlich diese Verschränkung mit Grundlagen der Physik in unserem Berufsfeld als Restauratoren jedoch ist und wie stark wir davon profitieren können, wenn wir mehr solches Grundlagenverständnis implementieren, war immer wieder augenöffnend.
Wie gestaltete sich die Finanzierung Ihrer Promotion?
Ich hatte ein Promotionssstipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes für die Maximalförderdauer, zudem war ich auf Basis der zusätzlich zum Stipendium zulässigen Beschäftigung (25% bzw. 10 WS) als wissenschaftliche Mitarbeiterin (WMA) am CICS – Cologne Institute of Conservation Sciences der TH Köln für die Materialprüfung in den Naturwissenschaften angestellt. Im Rahmen der Stelle als WMA konnte ich so unmittelbar eine interdisziplinäre Bedarfslücke am Institut im Zuge meiner beruflichen Weiterqualifikation schließen. Zugegeben wäre es aber ohne Ersparnisse und familiäre Unterstützung eng geworden, es war insgesamt eine Mischkalkulation ohne großen Luxus.
Sie haben nun Ihre Promotion mit „summa cum laude“ abgeschlossen. Was sind Ihre nächsten Ziele?
Ich habe gemeinsam mit meiner Kollegin Dipl.-Rest. Petra Demuth eine Projektförderung im Rahmen der Conserving Canvas Initiative der Getty Foundation erhalten. Im Zuge dieses neuartigen Projekts, mit Namen Fusion 1: mare nostrum, liegt der Fokus auf einem Digital Teaching Workshop, der sich an Restauratoren im Mittelmeerraum zur Fortbildung hinsichtlich minimal-invasiver Behandlungen von textilen Bildträgern richtet. Dort werden also auch sämtliche Ergebnisse meiner bisherigen Forschungsarbeit einfließen. Natürlich schmiede ich aber auch bereits neue Pläne, wie es ab Sommer 2022 danach mit der Forschung weitergehen könnte. Ich habe da schon so einige Ideen in der Vorbereitung…
Wir bedanken uns bei Dr. Hannah Flock für das Interview und wünschen ihr auch zukünftig alles Gute.
Dr. Ansgar Korte © FH Münster
Dr. Ansgar Korte | FH Münster
Aktivierung einer Reibungskopplung in der Ringfuge von Tunneln mit Tübbingauskleidung.
Aktivierung einer Reibungskopplung in der Ringfuge von Tunneln mit Tübbingauskleidung.
Dr. Ansgar Korte promovierte kooperativ an der FH Münster und der TH Bergakademie Freiberg.
Worum handelt es sich in Ihrer Arbeit?
Im Rahmen meiner Promotion habe ich mich mit dem maschinellen Tunnelbau auseinandergesetzt. Dabei fräst sich eine Tunnelvortriebsmaschine durch das anstehende Erdreich und baut im gleichen Zuge die Tunnelschale in Form von Betonfertigteilen, den sogenannten Tübbings, ein. Die Tübbings bilden dabei einzelne Kreissegmente, und je nach Ringteilung ergeben schließlich mehrere Tübbings einen vollständigen Tübbingring. Die einzelnen Tübbingringe hintereinander ergeben dann wiederum die Tunnelschale. Ich habe in meiner Arbeit wiederum „nur“ die Fuge zwischen den einzelnen Ringen untersucht. Um unter anderem größere Versätze zwischen den einzelnen Ringen zu vermeiden, wurden die Ringe untereinander gekoppelt. Hier wurden bisher üblicherweise starre Kopplungselemente, wie die sogenannte Topf-Nocke-Verbindung, verwendet. Der Nachteil dieser starren Elemente ist, dass es beim Versagen dieser Elemente nicht selten zu größeren Schäden am Tübbing kommt. Dies galt es weiter zu optimieren.
Was war Ihre Motivation, sich in Ihrer Promotion mit dem Thema „Aktivierung einer Reibungskopplung in der Ringfuge von Tunneln mit Tübbingauskleidung“ zu beschäftigen?
Bereits während meines Masterstudiums an der FH Münster durfte ich mich als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Rahmen eines Forschungsvorhabens des „Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM)“ mit der Thematik des maschinellen Tunnelbaus beschäftigen. Hier wurden quasi die Grundsteine für die daran anschließende Promotion gesetzt. Die Problemstellung hinsichtlich der Kopplung der Tübbingringe in der Ringfuge kam somit direkt aus der Praxis.
Was war das Ziel Ihres Forschungsprojekts?
Ziel war es, die schadensanfälligen Ringfugenkonstruktionen durch eine möglichst schadfreie Konstruktion zu ersetzen. Der grundlegende Ansatz war dabei, die starren Kopplungselemente durch eine weniger starre Reibungskopplung zu ersetzen. Dies setzt voraus, dass auf der Ringfuge dauerhaft eine Normalkraft wirkt, welche anfangs durch die Tunnelvortriebsmaschine aufgebracht wird. Wie sich diese Normalkraft aber während der Lebensdauer eines Tunnels von über 100 Jahren entwickelt, war eine der zu klärenden Fragestellungen. Zusätzlich wurde untersucht, wie durch eine feingliedrige Verzahnung der Reibungswiderstand im Gegensatz zu einer glatten ebenen Oberfläche erhöht werden kann. Dabei wurden auch unterschiedliche Zwischenlagenmaterialien in der Ringfuge untersucht.
Welche Entscheidungen im Laufe des Forschungsprozesses würden Sie wiederholen, welche eher nicht?
Besonders gefallen haben mir die ersten Jahre, in denen man sich intensiv in die bestehende Thematik einarbeiten konnte. Die praktischen Untersuchungen im Labor haben mich herausgefordert und neugierig gemacht: Was wird am Ende bei diesen Forschungen herumkommen? Leider hatte ich dann eine Phase, in der ich bezüglich meiner Forschungen ein wenig pausiert habe – ich habe das Bundesland gewechselt, bin also aus Münster weggezogen, habe Familie gegründet. Später erneut in das gesamte Promotionsvorhaben einzutauchen, war dann gar nicht mehr so leicht. Der „erste Biss“ war weg; die Ergebnisse aus den praktischen Untersuchungen waren nicht so eindeutig und überzeugend wie zu Beginn erhofft. Summa summarum kann ich sagen: Ich bin dankbar das Ganze durchgezogen zu haben. Es war eine sehr prägende, einmalige Erfahrung im Leben, die aber ohne die Unterstützung durch meine Familie niemals möglich gewesen wäre.
Was waren Ihre prägendsten Erfahrungen während der Promotion?
Es ist definitiv ein Prozess mit Höhen und Tiefen, was man aber auch erst in der Rückschau glasklar erkennen kann. In diesen Zeiten wertschätzende, immer ansprechbare Begleitung in Form der betreuenden Professoren an meiner Seite gehabt zu haben, war unfassbar dankbar. Es war sehr bereichernd, so intensiv über einen langen Zeitraum an einer Sache „rumtüfteln“ zu dürfen bzw. dass ich mich so lange mit einem so kleinen Detail wie der Fuge eines Tübbingrings beschäftigen konnte.
Wir bedanken uns bei Dr. Ansgar Korte für das Interview und wünschen ihm auch weiterhin alles Gute.
Dr.in Katja Ehrenbrusthoff © HS Gesundheit
Dr.in Katja Ehrenbrusthoff | HS Gesundheit
Sensomotorische Dysfunktion bei Menschen mit chronischen Rückenschmerzen.
Sensomotorische Dysfunktion bei Menschen mit chronischen Rückenschmerzen.
Frau Dr.in Katja Ehrenbrusthoff promovierte kooperativ an der Teesside University in Middlesbrough, Großbrittanien.
Ihre Promotion an der hsg Bochum widmeten Sie dem Thema sensomotorischer Dysfunktionen bei Menschen mit chronischen Rückenschmerzen – Beschreiben Sie uns doch gerne, was sich dahinter verbirgt und was das Thema für Sie besonders macht
Es ist mittlerweile bekannt, dass chronische Schmerzen unter anderem mit strukturellen und funktionellen Veränderungen des Zentralnervensystems assoziiert sind. Ein Areal des Gehirns, welches in diesem Kontext Gegenstand der Forschung ist, ist der primäre somatosensorische Kortex, oder S1, der sozusagen die topographische Repräsentationsfläche der Körperoberfläche darstellt.
Übersetzt heißt sensomotorische Dysfunktion, dass ich über Rückenschmerzen forsche, deren Ursachen darin liegen könnten, dass sensorische Informationen aus dem Körper, wie zum Beispiel Berührungsempfinden oder die Position des Körpers im Raum, nicht mehr adäquat mit einer motorischen Antwort, wie zum Beispiel der Anspannung bestimmter Muskelgruppen oder einer komplexen Bewegung, verknüpft werden. Diese Dysfunktion kann dann ein Grund dafür sein, dass Rückenschmerzen auch nach Jahren noch bestehen bleiben.
Direkte Messungen dieser Veränderungen im Bereich des somatosensorischen Kortex sind teuer und ohne High-Tech-Equipment, wie zum Beispiel eine funktionelle Magnetresonanztomographie (MRT), nicht durchführbar. Es gibt aber klinische sensomotorische Tests, die aktuell als indirekte Testverfahren eingesetzt werden, da sich bei bestimmten Patient*innengruppen gezeigt hat, dass diese beiden Konstrukte miteinander in Beziehung stehen.
Welches Ziel verfolgten Sie mit Ihrer Forschung?
Ich wollte zunächst wissen, wie sich die Reliabilität und Validität der aktuell genutzten einfachen klinischen indirekten Testverfahren, die derzeit bei Menschen mit chronischen Schmerzen zur Identifikation einer sensomotorischen Dysfunktion genutzt werden, darstellt. In einem weiteren Schritt war es mir wichtig, eben diese Testgütekriterien bei Menschen mit chronischen Rückenschmerzen zu überprüfen, da man nicht automatisch davon ausgehen kann, dass die Testgüte der gleichen klinischen Testinstrumente in unterschiedlichen Patient*innen-Populationen gleich anzusetzen ist.
Wie viel Arbeit steckte in Ihrer Promotion? Skizzieren Sie gerne einen typischen Tagesablauf.
Das ist so pauschal leider gar nicht zu beantworten und war immer auch davon abhängig, wieviel Arbeit im Rahmen meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin anstand. Da ich bis kurz vor Ende der Promotion noch zusätzlich zu meiner 50% Stelle an der Hochschule für Gesundheit in Bochum in einer physiotherapeutischen Praxis gearbeitet habe, habe ich mich vormittags schwerpunktmäßig um meine Aufgaben als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Studienbereich aber auch um meine Promotionsprojekte kümmern können, um danach an 2 Nachmittagen noch in der Praxis zu arbeiten. Es gab aber immer wieder Zeiten, in denen mir von Seiten des Studienbereichs viel Raum für die Arbeit an der Promotion eingeräumt wurde, wie z. B. in den vorlesungsfreien Zeiten, so dass ich mich dann z.B. über mehrere Wochen einem Projekt intensiv widmen konnte.
Welche Erfahrungen im Zuge der Promotion stechen für Sie besonders heraus?
Dadurch, dass es sich bei meiner Promotion um ein kooperatives Forschungsprojekt zwischen der Hochschule für Gesundheit Bochum und der Teesside University, Middlesbrough, GB gehandelt hat, durfte ich erleben, wie bereichernd und unglaublich lehrreich es ist, von einem internationalen Supervisory Team betreut zu werden und von der vielfältigen Expertise der einzelnen Supervisoren zu profitieren.
Die Tatsache, dass man sich in vollständig neue Arbeits- und Forschungsgebiete einarbeiten wollte und musste, war eine ebenso wertvolle, aber auch sehr herausfordernde Erfahrung. So habe ich mich in meinem dritten Promotionsprojekt in Teilbereiche der neurophysiologischen Untersuchung, genauer gesagt in die Messung sogenannter evozierter Potentiale, einarbeiten müssen, was für mich ein zwar sehr spannendes aber auch absolut neues Forschungsgebiet war. Dies hat mich extrem viel Zeit und Geduld gekostet, mich aber auch die notwendige Frustrationstoleranz gelehrt.
Welchen Weg möchten Sie nach Ihrer Promotion einschlagen bzw. welchen Weg haben Sie bereits eingeschlagen?
Gerne möchte ich weiter in der hochschulischen Forschung und Lehre arbeiten. Da ich seit März 2020 ich als Vertretungsprofessorin für Physiotherapie an der Hochschule für Gesundheit in Bochum tätig bin, bin ich diesem Ziel ein gutes Stück näher gekommen, da es für mich einen wichtigen Schritt darstellt, um meine Kompetenzen im Bereich der hochschulischen Lehre (und Forschung) auf- und auszubauen
Frau Dr.in Katja Ehrenbrusthoff danken wir ganz herzlich für Interview zu ihrer Promotion!
Wir wünschen ihr für die Entfaltung ihrer Kompetenzen nur das Beste!
Dr. rer. medic. Matthias Becker © FH Dortmund
Dr. Matthias Becker | FH Dortmund
Personalisierte leitlinienbasierte Behandlungsvorschläge bei kolorektalen Karzinomen am Point of Care.
Personalisierte leitlinienbasierte Behandlungsvorschläge bei kolorektalen Karzinomen am Point of Care.
Herr Dr. rer. medic. Matthias Becker promovierte kooperativ an der Universität Duisburg-Essen und der Universitätsmedizin Essen.
Verraten Sie uns doch gerne vorab, wie der Titel Ihrer Promotion lautet und mit welcher Universität Sie im Zuge dessen kooperativ geforscht/gearbeitet haben?
Der Arbeitstitel meiner Arbeit hat sich natürlich im Laufe der Promotion einige Male verändert und am Ende ist es Personalisierte leitlinienbasierte Behandlungsvorschläge bei kolorektalen Karzinomen am Point of Care geworden. Meine Promotion war eine Kooperation zwischen der Fachhochschule in Dortmund, der Universität Duisburg-Essen und der Universitätsmedizin Essen.
Welches Ziel verfolgten Sie mit Ihrem Forschungsvorhaben und zu welchem Ergebnis sind Sie gelangt?
Das übergeordnete Ziel meiner Arbeit war es, spezifische Abschnitte aus medizinischen Leitlinien in geeigneter Art und Weise den Ärztinnen und Ärzten am Patientenbett (Point of Care) zu präsentieren, um so die Therapieentscheidung zu unterstützen. Dabei wurden die patientenindividuellen Informationen berücksichtigt und in die Entscheidungsfindung einbezogen. Dies erfolgte am Beispiel der Krankheitsbilder Kolonkarzinom und Rektumkarzinom.
Im Rahmen meiner Arbeit hat sich herausgestellt, dass hierbei die größte Herausforderung darin liegt, die unstrukturierten Patientendaten aus z.B. Entlassbriefen und Befunden in eine strukturierte Form zur weiteren Verarbeitung zu extrahieren. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass mein Ansatz das Potenzial hat, insbesondere unerfahrenere Medizinerinnen und Mediziner, bei der Therapieentscheidung zu unterstützen und Leitlinien am Point of Care in geeigneter Weise zu visualisieren.
Wenn Sie Ihre Promotion revue passieren lassen: Welche sind für Sie persönlich Pro- und Contra-Argumente einer Promotion?
Aus meiner Sicht ist das attraktivste an einer Promotion, dass man sich in ein wissenschaftliches Thema tief einarbeiten und selbstbestimmt forschen kann. Ich denke das macht eine Promotion einzigartig und war ebenfalls meine größte Motivation dieses Vorhaben zu starten. Dadurch, dass man eigenständig und frei arbeiten kann und darf, benötigt man jedoch eine hohe Selbstdisziplin und jeder muss für sich selbst definieren, ob eine Promotion für den weiteren Weg, den man gehen möchte, notwendig ist.
Wie viel Arbeit steckte in Ihrer Promotion – wie hoch war Ihr durchschnittlicher, täglicher Aufwand?
Das ist tatsächlich eine Frage, die ich nur schwer beantworten kann. Es gibt Phasen, wie z.B. während der Evaluation der Ergebnisse in der Klinik oder bei der fristgerechten Einreichung einer Veröffentlichung, die einen hohen Aufwand in kurzer Zeit generieren. Da ich während meiner Promotion als Projektleiter in verschiedenen Forschungsprojekten gearbeitet habe, kann ich die Frage leider nicht genau beantworten. Es war auf jeden Fall mehr Aufwand, als von mir initial gedacht, also für alle die noch promovieren möchte: „Plant ein wenig mehr Zeit ein, Forschung lässt sich schwer vorhersehen“.
Wie gestaltete sich Ihre anschließende, berufliche Karriere? Welche (persönlichen) Ziele liegen noch vor Ihnen?
Da ich mein Forschungsprofil weiter schärfen möchte, habe ich eine Stelle an der Universität Duisburg-Essen angenommen, als wissenschaftlicher Koordinator in einem DFG-geförderten Graduiertenkolleg. Hier habe ich die Chance im Bereich der personalisierten Medizin weiter zu forschen und die Doktorandinnen und Doktoranden zu unterstützen. Mit anderen Worten: Ich möchte weiter wissenschaftlich arbeiten und strebe ebenfalls eine wissenschaftliche Karriere an.
Herrn Dr. Matthias Becker danken wir ganz herzlich für das informative Gespräch zu seinem Projekt der Promotion. Wir wünschen, dass die gesteckten Ziele erreicht werden und, dass dabei Freude und Gesundheit stete Begleiter sein werden!
Dr. Norbert Kazamer © Westfälische Hochschule
Dr. Norbert Kazamer | Westfälische Hochschule
Optimierung des Umschmelzverfahrens flammgespritzter NiCrBSi-TiB 2-Beschichtungen und Untersuchung der tribologischen Eigenschaften.
Optimierung des Umschmelzverfahrens flammgespritzter NiCrBSi-TiB 2-Beschichtungen und Untersuchung der tribologischen Eigenschaften.
Herr Dr. Norbert Kazamer promovierte 2019 kooperativ an der Politehnica Universität Timisoara, Rumänien.
Herr Dr. Kazamer, könnten Sie unseren Leser*innen erklären, was hinter Ihrer Promotion mit dem Titel “Optimierung des Umschmelzverfahrens flammgespritzter NiCrBSi-TiB 2 – Beschichtungen und Untersuchung der tribologischen Eigenschaften” steckt?
Thermisches Spritzen ist eine Technologie, die die Oberfläche eines festen Materials verbessert. Der Anwendungsbereich dieser Technologie liegt in der Verlängerung der Lebensdauer neuer Komponenten oder in der Reparatur beschädigter Komponenten. Meine Doktorarbeit konzentrierte sich auf die Verbesserung eines in der Industrie häufig verwendeten Materials. Die Forschung führte zur Entwicklung, Optimierung und Charakterisierung bekannter NiCrBSi-Beschichtungen, die mit TiB2-Partikeln verstärkt sind. Durch die neu entwickelte Beschichtung können die mechanischen, korrosiven und tribologischen Eigenschaften des NiCrBSi verbessert werden.
Welches Ziel haben Sie mit Ihrem Forschungsprojekt?
Ich bin der Meinung, dass die Forschung an den Hochschulen sehr gut auf die Industrie abgestimmt sein sollte. Da die Materialien und die Technologie, an denen ich geforscht habe, schon in der Massenproduktion eingesetzt werden, hoffe ich, dass die Ergebnisse meiner Doktorarbeit eine schnelle industrielle Anwendbarkeit finden werden.
Welche sind für Sie persönlich die pro und contra einer Promotion?
Die Erlangung eines Doktortitels ist eine sehr herausfordernde und komplexe Aufgabe. Das bedeutet viel Arbeit im Labor, zahlreiche Lehrtätigkeiten, Betreuung von Studenten, Teilnahme an Konferenzen und Veröffentlichung von Forschungsergebnissen. All diese Aktivitäten finden in jungen und dynamischen Teams statt und machen sehr viel Spaß. Allerdings begannen viele Freunde mit ihrer Karriere in der freien Wirtschaft, verdienten dadurch meist auch mehr und gründeten Familien, während ich mich manchmal nur als Student mit einem hohen Status fühlte. Manchmal konnte das schon etwas frustrierend sein.
Wie viel Arbeit steckte in Ihrer Promotion – wie hoch war Ihr durchschnittlicher, täglicher Aufwand?
Die Arbeitsbelastung hat sich in meinem Fall in drei Phasen aufgeteilt. Das erste Jahr bedeutete viel theoretische Forschung und das Kennenlernen der gesamten Laborausstattung. Ich habe es geschafft, ziemlich leicht in einem normalen Arbeitsprogramm zu bleiben. Die zweite Phase bedeutete viel Arbeit im Labor. Meine Arbeitszeiten begannen zu variieren, da manchmal Experimente nicht abgebrochen werden konnten, nur weil um 17h der Arbeitstag nach Plan zu Ende gehen sollte. Die Reparatur, die Anpassung der Anlagen oder die Wiederholung einiger Experimente müssen stets in Betracht gezogen werden. Phase drei erfordert das Schreiben viel Geduld. Wegen der vielen Aktivitäten an der Hochschule fehlt die so dringend benötigte Stille.
Das bedeutet, dass am Nachmittag und an den Wochenenden viel zu Hause geschrieben werden musste. Trotzdem ist man Ende zufrieden, wenn man alles geschafft hat und erfolgreich ist.
Welche Erfahrungen, im Zuge der Promotion, stechen für Sie besonders heraus?
Die Gelegenheit, dass ich in Zusammenarbeit mit meiner Heimatuniversität, der Politehnica Universität Timisoara aus Rumänien, promoviert habe, brachte viele positive kulturelle Aspekte mit sich. Im Laufe der Erarbeitung meiner Doktorarbeit habe ich auch Zufriedenheit hinzugewonnen, als die praktische Arbeit meine theoretischen Vermutungen bestätigte. Bei der Vorbereitung der Lehrtätigkeit habe ich viel Neues aus Themen gelernt, von denen ich dachte, dass ich sie schon recht gut kenne. Ich fand es auch sehr interessant, an Konferenzen teilzunehmen und Menschen zu treffen, sie sich in ihren Arbeiten mit ähnlichen Themen befasst, aber aus einer anderen Perspektive betrachtet an die speziellen Themen herangegangen sind.
Welchen Weg haben Sie nach Ihrer Promotion eingeschlagen?
Kurz nach meiner Promotion habe ich die Möglichkeit erhalten, an der Westfälischen Hochschule ein Projekt in Richtung Wasserstoffenergiesysteme zu verantworten. Obwohl es sich um ein ganz anderes Thema in Vergleich zu meiner Doktorarbeit handelt, finde ich diese Aufgabe sehr herausfordernd. Ich habe das Gefühl, dass ich mich aktiv am Kampf gegen den Klimawandel beteiligen kann. Wie in vielen Fällen bei Arbeiten in Forschungsinstituten endet mein Vertrag mit dem Ende des Projekts. Dennoch bin ich optimistisch, dass sich dann neue Möglichkeiten für mich ergeben werden und ich mich neue interessanten Herausforderungen stellen kann.
Wir danken Herrn Dr. Kazamer herzlich für den Einblick, den er uns ermöglicht hat und wünschen weiterhin viel Erfolg und vor allem Gesundheit für die Zukunft!
- Pressemitteilung der Westfälische Hochschule
Dr.in Laura Best © FH Münster
Dr.in Laura Best | FH Münster
Nähe und Distanz in der Beratung – Das Erleben der Beziehungsgestaltung aus der Perspektive der Adressaten.
Nähe und Distanz in der Beratung – Das Erleben der Beziehungsgestaltung aus der Perspektive der Adressaten.
Frau Dr.in Laura Best promovierte im August 2019 kooperativ an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.
Frau Dr. Best, was war Ihre Motivation sich dem Thema der Beratung in der Sozialen Arbeit wissenschaftlich zu widmen?
Beratung stellt einerseits eine Querschnittsaufgabe in nahezu allen Arbeitsfeldern Sozialer Arbeit dar und wird andererseits als spezifische Methode eingesetzt. Es gibt viele wissenschaftliche Erkenntnisse über Beratung aus Sicht der Fachkräfte oder hinsichtlich der Wirksamkeit spezifischer Methoden. In der beruflichen Praxis machte und mache ich jedoch oftmals die Erfahrung, dass die Adressat*innen von Beratung das, was im professionellen Rahmen geschieht, deutlich anders erleben und bewerten als man es aufgrund der Fachliteratur häufig vermuten könnte. Daher bestand meine Motivation insbesondere darin, den Fokus auf die Sichtweisen der Klient*innen zu lenken, da diese ja von der Beratung profitieren sollen.
Welches Ziel haben Sie mit Ihrem Forschungsprojekt verfolgt?
Mein Ziel war es, mit Hilfe empirischer Daten die Perspektive der Adressat*innen von Beratung in den Blick zu nehmen, um eine Sensibilisierung von Fachkräften Sozialer Arbeit für die Bedürfnisse des Klientels in Bezug auf die Nähe-Distanz-Gestaltung im Kontext Beratung zu erreichen. Hierzu habe ich das Erleben der Adressat*innen der Beratung durch den Einsatz von Kopfkameras und videogestützten Interviews empirisch erforscht und dadurch die Wirkung des professionellen Handelns (mit dem Schwerpunkt Nähe-Distanz-Gestaltung) auf die Adressat*innen der Beratung dargelegt, um daraus Implikationen für die Beratungspraxis abzuleiten.
Welche sind für Sie persönlich die pro und contra einer Promotion?
Ein großer Vorteil neben der Erlangung des Titels ist für mich die eigenverantwortliche Durchführung eines eigenen Forschungsprojekts und die Möglichkeit, mich einem Thema so intensiv und langfristig widmen zu können.
Einen direkten Nachteil sehe ich nicht. Für mich war es eine tolle und intensive Zeit, allerdings auch eine Zeit mit wenig Freizeit.
Wie viel Arbeit steckte in Ihrer Promotion – wie hoch war Ihr durchschnittlicher, täglicher Aufwand?
Das lässt sich schwer beantworten, weil das sehr abhängig von der Forschungsphase war. In der Zeit der Datentranskription und -analyse habe ich täglich mehrere Stunden in die Promotion investiert. Einen Großteil der Schreibarbeit habe ich innerhalb eines Monats vorgenommen, in dem ich mir dafür Urlaub genommen habe, um mich mal länger am Stück auf die Promotion konzentrieren zu können.
Welche Erfahrungen im Zuge der Promotion stechen für Sie besonders heraus?
Ich erinnere mich, wie aufgeregt ich war, als ich mein Projekt erstmals im Forschungskolloquium präsentierte und wie viel Souveränität ich seitdem dazugewonnen habe. Außerdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass man sich in viele unbekannte Bereiche sehr gut einarbeiten kann. Für mich waren zum Beispiel die Arbeit mit Kopfkameras, die Synchronisation von Videoperspektiven und die Videoanalyse zu Beginn des Forschungsprojekts noch neu. Zum Ende des Projekts konnte ich anderen Forschenden Hilfestellung in dem Bereich anbieten.
Welchen Weg möchten Sie nach Ihrer Promotion einschlagen?
Ich möchte gerne die akademische Laufbahn weiterverfolgen und strebe eine FH-Professur an.
Neben der Tätigkeit an der Hochschule bin ich freiberuflich selbst als Beraterin, Coach und Referentin tätig. Diesen Weg möchte ich auch weiterverfolgen, um in meiner Lehre einen Praxisbezug herstellen zu können und aktuelle Entwicklungen mit zu verfolgen.
Wir danken Frau Dr. Best herzlich für den Einblick, den Sie uns ermöglicht hat und wünschen weiterhin viel Erfolg und vor allem Gesundheit für die Zukunft!
Dr. agr. Daniel Werner © FH Bielefeld
Dr. Daniel Werner | FH Bielefeld
Bedarfsorientierte Beleuchtung für Mensch und Rind in der landwirtschaftlichen Milchviehhaltung.
Bedarfsorientierte Beleuchtung für Mensch und Rind in der landwirtschaftlichen Milchviehhaltung.
Herr Dr. agr. Daniel Werner promovierte im Dezember 2019 kooperativ an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg an der naturwissenschaftlichen Fakultät für Agrar- und Ernährungswissenschaften, Geowissenschaften und Informatik.
Herr Dr. Werner, was war Ihre Motivation, mit der Promotion zu beginnen?
Licht ist etwas faszinierendes, denn Licht wird zum Sehen sowie zur Steuerung der „inneren Uhr“ benötigt. Die Gesundheit, das Wohlbefinden sowie die Leistungsfähigkeit werden maßgeblich durch Licht beeinflusst. Weiterhin fördert Licht die Aktivität, ermöglicht eine bessere Tierbeobachtung und -kontrolle und steigert die Tiergesundheit. Ergebnisse aus durchgeführten Forschungsprojekten sowie die Erfahrungen aus der industriellen Beleuchtungsplanung zeigten jedoch deutlich, dass viele vorhandene Beleuchtungsplanungen unvollständig oder auch fehlerhaft sind. Bedarfsorientierte Konzepte, die die Bedürfnisse und Anforderungen von Mensch und Rind, wie z. B. durch Beleuchtung mit einem mensch- und tiergerechten Lichtspektrums, erfüllen und zur Steigerung von Wohlbefinden und Gesundheit eingehen, sind nicht bekannt.
Durch Gespräche mit Landwirten sowie Mitarbeitern der landwirtschaftlichen Versuchs- und Bildungsanstalten der nationalen Landwirtschaftskammern und durch zahlreiche Begehungen auf landwirtschaftlichen Milchviehbetrieben ist mir früh aufgefallen, dass eine gute Stallbeleuchtung auch im Bereich der Milchviehhaltung nur in den seltensten Fällen vorzufinden ist. Vor dem aktuell an Bedeutung zunehmenden Effekt des positiven Umdenkens hin zu Tierkomfort, -gerechtheit und -gesundheit sowie den Möglichkeiten der energieeffizienten LED-Technologie entstand somit die Idee zur Erforschung des Aspekts einer artgerechten Beleuchtung.
Die größte Motivation und Herausforderung der Arbeit bestand aber vor allem in der Interdisziplinarität, die notwendig war, um die Daten- und Informationslage zu validieren und um diese auf dem Forschungsgebiet weiterzuentwickeln. Ansätze und Methoden wurden primär aus den verschiedenen Fachrichtungen der Ingenieur- und der Biowissenschaften sowie der Ethologie verwendet. Besonders die Einbeziehung der Tiere, deren Akzeptanz anhand ethologischer Studien erfasst werden musste, sowie die Zielgruppe Landwirt, bei der Kenntnisse in Licht- und Beleuchtungstechnik aufgrund der Komplexität des Alltags nur untergeordnet bzw. rudimentär betrachtet werden können, stellten große Herausforderungen dar und motivierten zusätzlich.
Wie lautet der Titel Ihrer Promotion?
Bedarfsorientierte Beleuchtung für Mensch und Rind in der landwirtschaftlichen Milchviehhaltung
Zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?
Ziel dieser Untersuchung war die Entwicklung, Umsetzung und Validierung einer bedarfsorientierten Beleuchtung für Mensch und Rind in der landwirtschaftlichen Milchviehhaltung. Da Licht zum Sehen benötigt wird, physiologische Vorgänge steuert und maßgeblich Gesundheit und Wohlbefinden beeinflusst, wurde im ersten Schritt eine bedarfsorientierte LED-Leuchte entwickelt und in der lichttechnischen Laborumgebung verifiziert. Basierend auf der entwickelten Demonstrationsleuchte wurde ein Beleuchtungskonzept für einen Liegeboxenlaufstall konzipiert und im Anschluss praktisch umgesetzt und validiert. Die Validierung erfolgte mittels einer neuen Mess- und Bewertungsstrategie, einer Mitarbeiterbefragung sowie einer Verhaltensbeobachtung bei ausgewählten Fokustieren. Die messtechnischen Ergebnisse zeigen, dass die Beleuchtungssituation in der Stallumgebung deutlich verbessert wurde. Dies wurde durch die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung in Bezug auf das Wohlbefinden sowie den Arbeitskomfort und die -sicherheit des Menschen bestätigt. Die Verhaltensbeobachtungen zeigen, dass die Häufigkeit des Komfort- und Sozialverhalten mit dem neuen Beleuchtungskonzept gesteigert wurde.
Die kooperative Promotion wurde von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg betreut – was waren die ersten Schritte in der Kontaktaufnahme und wie kann man sich die Zusammenarbeit in der Ausgestaltung/Umsetzung vorstellen?
Mit der ersten Idee zur Promotion stand schnell fest, dass sich der komplexen Thematik der Lichtwahrnehmung und -wirkung nur interdisziplinär genähert werden kann. Als ingenieurwissenschaftlicher Mitarbeiter der Professorin Eva Schwenzfeier-Hellkamp (Institut für Technische Energie-Systeme) wurde sehr schnell der Kontakt zu den auf dem Gebiet der Ethologie führenden Professoren Eberhard von Borell und Klaus Reiter gesucht.
Professor Eberhard von Borell ist mit der Professur für Tierhaltung und Nutztierökologie im Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg tätig und übernahm die Betreuung der tierspezifischen Aspekte gemeinsam mit Professor Klaus Reiter von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (Institut für Landtechnik und Tierhaltung).
In der Umsetzung wurde sich vor allem telefonisch oder per E-Mail abgestimmt. Aber auch persönliche Treffen fanden im Rahmen von regelmäßigen Projektpartnertreffen statt. Zusätzlich konnten gemeinsam besuchte Kongresse und Fachtagungen, wie bspw. der internationalen Ethologiefachtagung in Freiburg, für Abstimmungen genutzt werden.
Was raten Sie jungen Absolvent*innen, die sich für eine Promotion interessieren?
Das wichtigste ist ein Thema zu finden, dass einen selbst motiviert und über einen langen Zeitraum hinweg begeistert, sodass man hierfür „brennt“.
Wir danken Herrn Dr. Werner für das Interview und den Einblick in die Promotion und wünschen alles Beste für die Zukunft!
Die Promotion ist hier abrufbar.
Dr. Tobias Urban © Westfälische HS/Dr. Barbara Laaser
Dr. Tobias Urban | Westfälische Hochschule
Zum Verständnis des Einflusses der DSGVO auf Online-Werbung – Ein technischer und anwenderorientierter Blickwinkel.
Zum Verständnis des Einflusses der DSGVO auf Online-Werbung – Ein technischer und anwenderorientierter Blickwinkel.
Herr Dr. Tobias Urban promovierte 2020 kooperativ an der Ruhr-Universität Bochum.
Heutzutage benutzen wir das Internet um vielfältige Aufgaben zu erledigen. Browser verarbeiten dabei immer mehr persönliche und sensible Daten. Viele der genutzten Web-Anwendungen nutzen Online-Werbung als primäre Einkommensquelle, da Nutzer*innen diese meist umsonst nutzen wollen. Moderne Online-Werbung nutzt üblicherweise benutzerspezifische Profile, um Nutzer*innen gezielte Werbung auszuliefern. Zum Erstellen dieser Profile versuchen Werbetreibende die Online-Aktivitäten der Nutzer*innen nachzuverfolgen (engl. „tracking“), um so ihre Vorlieben und Gewohnheiten zu lernen. Dieses Nachverfolgen wird von vielen Nutzer*innen als Eindringen in die Privatsphäre interpretiert, da es oft ohne deren Einwilligung geschieht. Das Ergebnis ist ein starkes Machtgefälle zwischen Dienstanbietern (Verantwortlichen) und Nutzer*innen (betroffene Personen), das in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat. Um die Privatsphäre europäischer Internetnutzer*innen zu schützen, hat die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) signifikante Änderungen eingeführt, die sich darauf beziehen, wann und wie personenbezogenen Daten verarbeitetet werden dürfen.
Die Dissertation analysiert den Einfluss der DSGVO mittels eines technischen und eines anwenderorientierten Ansatzes. Analysiert werden die Herausforderungen, denen Firmen gegenüberstehen, wenn sie Dienste entwickeln wollen, die konform zu der DSGVO sind. Zudem wird evaluiert, wie sich die Änderungen durch das neue Gesetz auf das Ökonomiesystem der Online-Werbung auswirken. Außerdem wird geprüft wie Nutzer*innen von dem Recht auf Datenübertragbarkeit Gebrauch machen können und ob sie die Daten, die sie somit erhalten, als nützlich empfinden. Dazu zeigen die Ergebnisse beispielsweise, dass Nutzer*innen noch nicht wissen, wie sie diese Daten nutzen können und dass sie die Vollständigkeit dieser anzweifeln. Des Weiteren bereiten die neuen Anforderungen durch die DSGVO selbst der Industrie große Probleme, die stark auf das Sammeln und Teilen von Daten angewiesen ist, weil selbst diese die Daten nicht immer zweifelsfrei zuordnen kann.
Von welcher Universität wurde Ihre Promotion betreut? Was waren die ersten Schritte in der Kontaktaufnahme und wie kann man sich die Zusammenarbeit in der Ausgestaltung/Umsetzung vorstellen?
Ich habe an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) promoviert. Kontakt zu meinem Doktorvater, Thorsten Holz, habe ich über meinen Betreuer an der Westfälischen Hochschule (WHS), Norbert Pohlmann, aufgenommen. Das Vereinbaren der Kooperation und der offizielle Beginn dieser an der RUB waren einfach und unkompliziert.
Während der Promotion habe ich im Institut für Internet-Sicherheit, an der WHS, gearbeitet und immer wieder meinen Fortschritt, meine Forschungsideen und Ergebnisse mit Kollegen und Prof. Holz an der RUB, virtuell und vor Ort, besprochen und weiterentwickelt.
Was sind für Sie Pro- und Contra-Argumente einer Promotion?
Ich weiß nicht ob es eine klare Pro und Contra-Liste gibt, die für oder gegen eine Promotion sprechen. Vielmehr sollte die Frage im Mittelpunkt stehen, ob man sich persönlich in ein neues Thema einarbeiten und sich so für dieses begeistern kann, dass man am Ende der Promotion, durch die selbst geleisteten Forschungsarbeiten, zu einem absoluten Experten auf einem Gebiet zählen will. Der Titel sollte dabei Nebensache sein. Wichtig zu erwähnen ist, dass, anders als im Bachelor oder Master Studium, eine Promotion nicht deterministisch ist.
Wie geht es nun weiter, wo sehen Sie Ihre berufliche Zukunft und Weiterentwicklung?
Derzeit arbeite ich noch im Institut für Internet-Sicherheit. Mittelfristig werde ich aber in die freie Wirtschaft wechseln. Nach Möglichkeit soll aber eine weitere Zusammenarbeit mit der Hochschule und dem Institut umgesetzt werden.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Herrn Dr. Tobias Urban für die interessanten und informativen Einblicke, die er uns gewährt. Für seine Zukunft wünschen wir weiterhin viel Freude, Erfolg und Gesundheit!
Dr.in rer. nat. Sissy-Christin Lorenz © FH Bielefeld
Dr.in Sissy Lorenz | FH Bielefeld
Development of a biological tick control agent based on an innovative attract – and – kill strategy
Frau Dr.in rer. nat. Sissy-Christin Lorenz promovierte 2019 kooperativ an der Universität Bielefeld und am Fachbereich für Ingenieurwissenschaft und Mathematik der Fachhochschule Bielefeld. Gefördert wurde die Promotion unter anderem durch das BMWi.
Frau Lorenz, was war Ihre Motivation, mit der Promotion zu beginnen?
Als Biotechnologe ist der Weg nicht abwegig, eine Promotion an das Studium anzuschließen. Ich hatte es nie ausgeschlossen, sondern immer als mögliche Option im Hinterkopf. Zum Ende meines Studiums ergab sich im Gespräch dann die Möglichkeit, zu einem interessanten Thema an der FH Bielefeld zu promovieren (kooperativ mit der Uni Bielefeld). Es war bei mir demnach durch das interessante Thema begründet.
Wie lautet der (Arbeits-)Titel Ihrer Promotion?
Development of a biological tick control agent based on an innovative attract – and – kill strategy (Entwicklung eines biologischen Zeckenbekämpfungsmittels auf Basis einer innovativen Attract – and – Kill Strategie).
Was war das Ziel ihres Forschungsprojekts?
Ein biologisches Zeckenbekämpfungsmittel zu entwickeln. Am besten schauen Sie sich dazu dieses 3-minütige Video von meinem FameLab Auftritt 2016 an, das erklärt es am besten: https://www.youtube.com/watch?v=VoBgw852ikA.
Zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?
Die einzelnen Systeme (Anlocken und Töten) sind im Labormaßstab absolut realisierbar. Eine Kombination aus beiden Systemen in einer Kapsel ist aktuell noch nicht umsetzbar. Freilandversuche stehen noch aus, ich sehe aber absolut Potential, dass das Produkt Marktreife erlangt!
Wie haben Sie sich während der Promotion finanziert?
Durch eine Anstellung an er Fachhochschule. Das Thema wurde durch das BMWi finanziert und beinhaltete eine 50% Stelle für die Umsetzung des Projektes.
Prof. Dr. Thomas Kopinski © Hochschule Ruhr West
Prof. Dr. Thomas Kopinski | Hochschule Ruhr West
Neural Learning Methods for Human-Machine Interaction
Prof. Dr. Thomas Kopinksi promovierte von November 2012 bis Februar 2016 kooperativ am Autonomous Systems and Robotic Lab der Université Paris-Saclay und am Institut für Informatik der Hochschule Ruhr West. Das Projekt wurde innerhalb des ZIM-Programms vom BMWi gefördert.
Herr Kopinski, worum geht es in Ihrer Arbeit?
Es geht um Analyse und Optimierung künstlicher neuronaler Netze zur Optimierung von Handgestenerkennungssystemen.
Was war Ihre Motivation mit der Promotion zu beginnen?
Ich hatte immer vor, noch in die Forschung zu gehen und die Möglichkeit, eine bilaterale Forschungsaufgabe im Rahmen eines anwendungsnahen Projektes umzusetzen war die ideale Form, dieses zu tun. Hier konnte ich meinen bisherigen Werdegang und meine Interessen sinnvoll um ein weiteres Kapitel ergänzen.
Was war das Ziel ihres Forschungsprojekts?
Das Ziel war es, mittels Machine Learning Algorithmen ein anwendungstaugliches System zu schaffen, welches Handgesten aus Time-of-Flight Daten erkennbar macht. Hierbei kamen neuartige Deep Learning Ansätze zu tragen, welche es erlaubten, Informationen aus bereits trainierten Netzen zu extrahieren und somit die Klassifikationsgüte zu verbessern.
Was sind für Sie persönlich Pro und Contra einer Promotion?
Pro: selbständiges, diszipliniertes Arbeiten, interdisziplinäre Themen, viel Freiheit, uvm.
Wie geht es nun weiter, wo sehen Sie ihre berufliche Zukunft?
Seit 2017 bin ich als Professor für Ingenieurinformatik an der Fachochschule Südwestfalen tätig und bin damit bereits da, wo ich hinwollte :)
Was raten Sie jungen Absolventen, die sich für eine Promotion interessieren?
Jeder, der an einer Promotion interessiert ist, sollte sich ein Thema aussuchen, für das er/sie brennt und mit dem er/sie sich indentifizieren kann.
Dr.in Christiane Grünloh © TH Köln
Dr.in Christiane Grünloh | TH Köln
Harmful or Empowering? Stakeholders’ Expectations and Experiences of Patient Accessible Electronic Health Records
Dr.in Christiane Grünloh promovierte kooperativ am KTH Royal Institute of Technology in Stockholm, Schweden. Die Medieninformatikern begann dort im Februar 2012 mit der Arbeit und schloss im November 2018 mit der Verteidigung ihrer Promotion ab.
Frau Grünloh, erklären Sie uns bitte, worum es sich in Ihrer Arbeit handelt?
Es geht um einen eHealth Dienst, der es Patienten in Schweden ermöglicht, über das Internet auf ihre elektronische Gesundheitsakte zuzugreifen. Dies wurde von Ärzten und den sie vertretenden Ärzteverbänden sehr kritisch gesehen. In meiner Dissertation habe ich mittels Interviews mit Ärzten und einer Umfrage mit Patienten die Erwartungen und Erfahrungen mit dem Dienst untersucht.
Was war Ihre Motivation, mit der Promotion zu beginnen?
Einerseits war ich des Lernens noch nicht müde und fasziniert von komplexen Anwendungsgebieten der Mensch-Computer Interaktion, in denen es keine einfachen Antworten gibt. Da ich auf dem zweiten Bildungsweg zum Studium kam und hierfür bereits meinen damaligen Job als Arzthelferin aufgegeben habe, war mir zudem klar, dass es hinsichtlich Promotion für mich hieß „Jetzt oder nie!“ Ich konnte mir nicht vorstellen, nach dem Master zunächst in die Industrie zu gehen und dann irgendwann mal eine Promotion zu beginnen.
Was war das Ziel ihres Forschungsprojekts?
Ich wollte besser verstehen, warum es in Schweden von Seiten des medizinischen Fachpersonals so viel Kritik gab, Patienten einen direkten Zugang zu ihrer elektronischen Gesundheitsakte zu geben. Die Kritik schien sich nicht auf Fragen der Datensicherheit zu beziehen, sondern man befürchtete, dass sich durch den Dienst die Arbeitsbelastung im Gesundheitswesen erhöhen würde und befürchtete, dass es schädlich für Patienten sei, ihre Akte direkt lesen zu können. Diese wiederum schienen den direkten Zugang zu begrüßen.
Was sind für Sie persönlich Pro und Contra einer Promotion?
Ich habe während der Promotion sehr viel gelernt und mich fachlich, methodisch und menschlich weiter entwickelt. Zum Beispiel, kollaboratives Arbeiten in internationalen Teams, wissenschaftliches Schreiben von Fachartikeln und dessen Koordination mit verschiedenen Co-Autoren; Anwendung und Entwicklung von wissenschaftlichen Methoden; Kommunikation und Diskurs von Ergebnissen, um nur ein paar zu nennen. Die Promotion hat mir ermöglicht, sehr tief in einen Forschungsbereich einzusteigen, für den ich mich leidenschaftlich interessiere und dabei habe ich viele internationale Forscherinnen und Forscher kennen gelernt.
Wer sich für eine Promotion entscheidet, sollte sich allerdings bewusst sein, dass dies gerade zu Beginn zäh und zum Teil frustrierend sein kann. Gerade zu Beginn ist die Forschungsfrage noch unklar und man hat ggf. noch kein Netzwerk. Man braucht Durchhaltevermögen und gerade vor Deadlines gehört es leider nun mal dazu, dass man in seiner Freizeit und am Wochenende arbeiten muss. Dies gilt insbesondere dann, wenn man neben dem Job promoviert.
Wie sah eine normale Woche aus – wie viele Stunden haben Sie für die Promotion gearbeitet?
Ich hatte eine 3/4 Stelle an der TH Köln und war hier als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Medieninformatik tätig (d.h., Betreuung von Studierenden in der Lehre), sowie als Studiengangskoordinatorin für Web Science.
Wie viel ich netto für die Promotion gearbeitet habe, kann ich unmöglich in Zahlen ausdrücken. Im normalen Vorlesungsbetrieb während des Semesters oder nach großen Meilensteinen trat die Doktorarbeit eher in den Hintergrund. Dann gab es wiederum Zeiten, wo ich sehr intensiv an der Promotion arbeiten konnte. Zum Beispiel während der vorlesungsfreien Zeit, wenn ich selbst keine studentischen Projekte betreut habe. Gerade vor Abgabefristen habe ich dann auch häufiger Tag und Nacht, sowie am Wochenende gearbeitet.
Wie ging es für Sie nach der Promotion weiter – Wirtschaft oder Wissenschaft?
Momentan befinde ich mich in einer beruflichen Auszeit und werde für die nächsten Monate zusammen mit meinem Mann ein wenig reisen. Nach über 6.5 Jahren Doppelbelastung durch Beruf und Promotion, war der Abschluss meiner Promotion der perfekte Zeitpunkt, eine Auszeit zu nehmen. Ich würde gerne weiterhin forschend tätig sein, was mit „User Research“ im Bereich Mensch-Computer Interaktion sowohl in der Wirtschaft als auch im akademischen Bereich möglich ist. Ich kann mir grundsätzlich beides vorstellen und lasse es auf mich zukommen.
Welche Erfahrung während Ihrer Promotion sticht heraus?
Die tolle Zusammenarbeit mit den großartigen Forscherinnen und Forschern des DOME Konsortiums und der HTO Forschungsgruppe in Schweden, sowie die Kontakte, die ich auf internationalen Konferenzen knüpfen konnte. Da ich ja in Deutschland gearbeitet, aber in Schweden promoviert habe, habe ich den fachlichen Austausch während der Konferenzen und durch die online Kollaboration mit anderen Forscherinnen und Forschern sehr genossen.
Dr.in Julia Sachs © TH Köln
Dr.in Julia Sachs | TH Köln
Pharmakologische Charakterisierung neuer Wirkstoffkandidaten zur Behandlung multiresistenter Tumore
Dr.in Julia Sachs promovierte kooperativ am Institut für Biochemie der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf und der Arbeitsgruppe Bio-Pharmazeutische Chemie der Fakultät für Angewandte Naturwissenschaften der TH Köln. Das Projekt wurde vom BMWi finanziert.
Frau Sachs, was ist das Spannende an Ihrem Forschungsthema?
Auch wenn es für die Patienten eine schlechte Prognose bedeutet, ist es für mich sehr spannend, welche verschiedenen Wege und Mechanismen Krebszellen sozusagen finden und entwickeln, um die Medikamente unwirksam zu machen und der Therapie zu entkommen. Es ist sehr interessant, welche Fülle an Substanzen die Natur für uns bereithält und in dieser Vielfalt mögliche Wirkstoffe zu suchen und im Idealfall auch zu finden. Besonders gefällt mir auch, dass mein Projekt Teil eines interdisziplinären Forschungsteams ist, bestehend aus drei Hochschulgruppen und einer Firma.
Welche Ziele verfolgt Ihr Forschungsprojekt?
Gemeinsam versuchen wir, neue Wirkstoffkandidaten zu finden und somit möglicherweise einen Schritt in Richtung Entwicklung neuer Therapiemöglichkeiten zu gehen und Krebs wirksamer bekämpfen zu können. Meine Aufgabe ist hierbei die biologische Testung der Naturstoffe in Tumorzellen.
Welche Erfahrung während Ihrer Promotion sticht heraus?
Eine ganz besondere Erfahrung während meiner Promotion war die Teilnahme an der internationalen Gordon Research Conference “Multi-Drug Efflux Systems” im März 2017 in Texas. Hier wurde ich ausgewählt, meine Arbeit in Form einer Präsentation vor Fachpublikum vorzustellen und zu diskutieren. Außerdem hatte ich die Möglichkeit neue Kontakte zu knüpfen und Kooperationen aufzubauen.
Wie geht es jetzt für Sie nach der Promotion weiter – Wirtschaft oder Wissenschaft?
Auf lange Sicht sehe ich mich eher in der Wirtschaft. Ich kann mir aber gut vorstellen, nach der Promotion zunächst noch für einen Postdoc an einer Hochschule zu bleiben.
Welche Ratschläge geben Sie künftigen Promovierenden mit auf den Weg?
Finde ein Thema, das dich begeistert, dann ist es leichter mit Rückschlägen umzugehen und motiviert zu bleiben, wenn es (mal wieder) nicht so läuft wie geplant.