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Mieten statt entsorgen

FH Münster entwickelt nachhaltiges Geschäftsmodell für den Innenausbau von Gebäuden

Der NORTEC-Doppelboden ist ein universelles Baumodul, das sich rückbauen und wiederverwenden lässt. Mit Metallstützen wird es auf dem Betonboden montiert, um einen Hohlraum für Kabel zu formen.

© FH Münster/Michelle Liedtke

Münster, 30. Mai 2022. Mietvertragslaufzeiten von gewerblich genutzten Gebäuden werden immer kürzer – in 95 Prozent der Fälle dauern diese nicht einmal zehn Jahre. Meist ist der Wechsel mit einem Umbau verbunden. „Die im Innenausbau verbauten Baustoffe wie Bodenkonstruktionen kommen so nie an ihr Lebensende, denn sie werden meist beim Umbau entsorgt. Recycelt wird davon noch sehr wenig“, erklärt Prof. Dr. Sabine Flamme vom IWARU Institut für Infrastruktur – Wasser – Ressourcen – Umwelt der FH Münster. Gemeinsam mit Dirk Klöpper und Jana Winkelkötter, beide wissenschaftliche Mitarbeiter*innen am IWARU, und weiteren Partnern hat Flamme als Projektleiterin des Forschungsvorhabens „RessProKA“ ein neues Geschäftsmodell entwickelt. Die Idee: Um den Produktkreislauf ressourceneffizient zu schließen, werden Baumodule wie Decken und Böden vom Hersteller vermietet und in ein Rücknahmesystem eingebunden. Dabei hat das Team eng mit den Projektpartnern Lindner Group KG, einem Hersteller von Innenausbausystemen, und dem Forschungs- und Beratungsinstitut BIFAS zusammengearbeitet.

Lösungen für Mietmodell von Baumodulen

Im Rahmen des Projekts haben die Forschungs- und Projektpartner ökonomische, rechtliche, technische sowie ökologische Lösungen für ein Mietmodell von Baumodulen entwickelt. Flamme erklärt den Ansatz: „Wenn neue Mieterinnen und Mieter in einen Bürokomplex einziehen möchten, verbleiben die universell einsetzbaren Baumodule idealerweise direkt im Gebäude.“ Sie werden lediglich neu angeordnet nach den Vorstellungen der Architekt*innen, Gebäudebetreiber*innen und Co. Das sei die nachhaltigste Variante. Denn es müsse keine Energie für den Transport oder das Recycling, schon gar nicht für die Entsorgung und Herstellung neuer Bauteile aufgebracht werden. Alternativ nimmt der Hersteller die Baumodule zurück, prüft diese, bereitet sie gegebenenfalls auf und baut sie in anderen Gebäuden wieder ein. „Auch das spart Rohstoffe, ein wichtiger Aspekt im Hinblick auf fortschreitende Rohstoffknappheit“, so die Professorin.

Lebensdauer von mehr als 50 Jahren

Das Team konzipierte das Geschäftsmodell zunächst am Beispiel des NORTEC-Doppelbodens des Praxispartners Lindner, einer Bodenplatte aus Gipsfaser. Ein solches Baumodul könne eine Lebensdauer von deutlich mehr als 50 Jahren haben – wenn es denn so lange in Gebrauch bleibt. Durch die Wiederverwendung wird in jedem Fall eine längere Lebensdauer der Platten erreicht. „Bei unserem Modell bleiben die Bauteile in der Verantwortung des Herstellers, das ist im Baubereich ein Alleinstellungsmerkmal“, so Flamme. „Die Baumodule für Böden, Decken und Wände sind dafür designt, um mehrmals verbaut zu werden. Sie müssen eine hohe Qualität haben und sich einfach ein- und abbauen lassen.“

Modell schließt Lücke

In einem Planspiel mit potenziellen Kund*innen zeigte sich, dass das Modell einen Nerv getroffen hat. „In simulierten Verkaufsgesprächen haben wir unser Konzept vorgestellt“, sagt Klöpper. „Über die Reaktionen waren wir sehr positiv überrascht, da wir mit mehr Widerstand gerechnet haben. Tatsächlich hatten wir das Gefühl, mit dem Modell eine Lücke zu schließen.“ Der Aspekt graue Energie – die vom Rohstoffabbau über den Transport bis zum Einbau im Produkt steckt – sei derzeit ein wichtiges Thema in der Baubranche. „Eine wiederverwendete Platte unterscheidet sich in der Qualität nicht von einem Neuprodukt, die CO2-Bilanz ist allerdings deutlich besser“, sagt Winkelkötter, die im Team für die ökologische Bewertung zuständig ist.

Zum Thema: Das Projekt „RessProKA“ – „Schließung von ressourceneffizienten Produkt-Kreisläufen im Ausbaugewerbe durch neue Geschäftsmodelle“ wird im Rahmen der Fördermaßnahme „Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft – Innovative Produktkreisläufe (ReziProK)“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Federführend im Projekt forscht das Institut für Infrastruktur – Wasser – Ressourcen – Umwelt (IWARU) gemeinsam mit zwei Projektpartnern, der Lindner Group KG sowie dem Betriebswirtschaftlichen Institut für Abfall- und Umweltstudien (BIFAS).

Zum Thema: Der Schutz des globalen Klimas und der natürlichen Lebensgrundlagen stellt die Gesellschaft vor gravierende Herausforderungen. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Prognosen etwa zur fortschreitenden Klimaveränderung und zur akuten Gefährdung der Biodiversität unterstreichen deren zunehmende Dringlichkeit. Erforderlich sind grundlegende Veränderungen der menschlichen Lebens- und Wirtschaftsweise hin zu einer nachhaltigen Entwicklung. Die FH Münster hat das Themenfeld Nachhaltigkeit daher in ihrem aktuellen Hochschulentwicklungsplan als zukünftige Herausforderung adressiert. Als Hochschule für angewandte Wissenschaften ist sie Wegbereiterin und Motor erforderlicher Veränderungen, indem sie das facettenreiche Konzept der Nachhaltigkeit in ihre Bildungsangebote und Projekte in allen Fachbereichen integriert. Themen und Entwicklungen betrachtet die Hochschule jeweils ganzheitlich hinsichtlich ihrer ökologischen, ökonomischen und sozialen Implikationen und hat dabei die Interessen gegenwärtiger und künftiger Generationen interdisziplinär im Blick. „Nachhaltig zusammen“ lautet deshalb auch das Jahresmotto der FH Münster. Vom 23. Mai bis 3. Juni stellt die Hochschule vielfältige Aktivitäten und Projekte in diesem Themenfeld vor.

Origialmeldung:

https://www.fh-muenster.de/hochschule/aktuelles/pressemitteilungen.php?madid=8677

Ansprechpartner:
FH Münster
Pressesprecherin
Katharina Kipp M.A.
+49 (0)251 83 64090
katharina.kipp@fh-muenster.de

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2022-06-20T10:46:51+02:0003.06.2022|Kategorien: Nachhaltigkeit, Produktion & Fertigung|Tags: |

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