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Nachwuchs aus dem Netz

Nachwuchs aus dem Netz2021-05-27T12:46:53+02:00

Öffentlicher Sektor will soziale Netzwerke zur Bewerberakquise nutzen 

Innovative Nutzung sozialer Netzwerke zur Bewerberakquise

© everything possible | shutterstock

Wo findet man junge Leute um die zwanzig, die ihren Schulabschluss in der Tasche haben und möglicherweise auf Jobsuche sind? Genau dort, wo sich heutzutage die meisten Jugendlichen und jungen Erwachsenen „treffen“: im Internet auf Facebook, Twitter, Snapchat und anderen Online-Diensten. Diesen Informations- und Kommunika-tionstrend will die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung (FHöV) nun zu einem weiteren Zweck nutzen. Im Rahmen eines Forschungsprojekts untersucht sie, inwieweit soziale Dienste dem öffentlichen Sektor dabei helfen können, geeigneten Nachwuchs für die Mitarbeit in den Landes- und Kommunalbehörden zu finden.

„Uns fehlen beispielsweise Bauingenieurinnen und -ingenieure, Verwaltungsbetriebswirtinnen und -wirte und ganz besonders Informatikerinnen und Informatiker“, sagt Dr. Torsten Fischer, Regierungsdirektor und Experte für Allgemeine Verwaltung an der FHöV. Schon auf dem freien Markt seien Absolventinnen und Absolventen dieser Fachrichtungen stark umworben. Dass der öffentliche Sektor seine Fachkräfte weitgehend selbst ausbilde, erschwere die Situation. „Wir konkurrieren dadurch nicht nur mit potenziellen Arbeitgebern, sondern auch mit anderen Bildungsanbietern“, so Fischer. Ein technikfernes Image der öffentlichen Verwaltungseinrichtungen, schlechte Übersicht über Bildungs- und Aufstiegswege sowie geringe Sichtbarkeit gerade kleinerer Behörden und ihres Ausbildungsangebots kämen als weitere Hemmnisse hinzu.

Soziale Dienste nutzen lernen

Die innovative Nutzung sozialer Online-Dienste wie Facebook könnte das ändern, ist Fischer überzeugt. Allein in Deutschland tauschen sich täglich Millionen Userinnen und User über die Plattform aus, „teilen“ als interessant empfundene Nachrichten, Fotos oder Videoclips. Das birgt großes Potenzial für die Präsentation der eigenen Stärken und die gezielte Ansprache einer definierten Zielgruppe. „Wenn wir lernen, mit dieser Technik unsere Reichweite zu vergrößern und mehr Interessenten auf vakante Stellen aufmerksam zu machen, ist das die beste Basis, um unsere Bewerberzahl zu erhöhen“, sagt Fischer. Und je größer die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber, desto höher die Chance, dass geeignete Kandidatinnen und Kandidaten für die gesuchten Profile dabei seien.

Um herauszufinden, welche Online-Maßnahmen für die Bewerberakquise des öffentlichen Sektors geeignet sein könnten, hat sich der Verwaltungsexperte in den vergangenen Monaten knapp 40 verschiedene Internetauftritte angeschaut – von Großbehörden wie der Stadt Hamburg, Kommunalverbänden, kleineren Kreisen, aber auch von Unternehmen wie der Deutschen Bahn AG. „Hamburg verfügt über prominente Informationen zu den Behörden und Bezirken als Arbeitgeber, Links zu Stellenausschreibungen, Selektionsmöglichkeiten und Online-Bewerbungsformulare“, sagt Fischer. Die Bahn führe über ihren Facebook-Account sogar auf ein separates Karriereportal, wo alle relevanten Informationen zusammengefasst seien.

Eine Frage des Aufwands

In Hamburg und auch bei der Bahn funktionierten diese Tools sehr gut, sagt er. Nun gelte es zu prüfen, inwieweit ähnliche Werkzeuge auch auf den Online-Seiten der Verwaltungen eingesetzt werden könnten. „Das ist nicht zuletzt eine Frage des Aufwands und der Finanzierung.“ Die meisten Behörden nutzten Facebook bereits, um aktuelle Informationen zu verbreiten. Vielfach scheitere jedoch die Pflege des Profils an mangelnden Personalressourcen. Alternative Möglichkeiten zur Steigerung der Sichtbarkeit seien jedoch auch nicht günstiger, so Fischers Meinung: „Einen Stand auf einer Jobmesse über mehrere Tage mit drei oder vier Mitarbeitern zu betreuen oder eine Anzeige in der Presse zu schalten kostet ebenfalls viel Geld, erreicht jedoch bei Weitem nicht so viele Menschen.“ Hier berge das Netz deutlich mehr Potenzial. Möglicherweise lohnten sich daher Investitionen in die Betreuung der Netzwerk-Seiten. Eine Alternative wäre es auch, wenn mehrere kleine Behörden sich mit ihren akquisebezogenen Online-Diensten zusammenschlössen und so Kosten sparten.

Gewusst wie

Eine prominentere Darstellung der Stelleninformationen, Links zu Online-Bewerbungsformularen, eventuell ein separates Karriereportal, mehr Geld für die Pflege der Seiten oder gemeinsame Web-Auftritte – all diese Ergebnisse und Erfahrungen will Fischer demnächst in konkrete Handlungsempfehlungen einbringen. Sie sollen Behörden in NRW, aber auch überregional Orientierung und Hilfe sein, wenn sie soziale Netzwerke zur Ansprache potenzieller Bewerberinnen und Bewerber nutzen wollen. Rechtliche Bedenken, ein Unternehmen wie Facebook mit problematischer Einstellung zu Datenschutz und Privatsphäre für diese Zwecke zu involvieren, hat Fischer eher nicht. Die FHöV sowie die Landesbehörden und Kommunen wollen über das Netzwerk keine sensiblen Informationen austauschen, sondern lediglich innovativ und anschaulich darauf aufmerksam machen, dass die öffentliche Verwaltung ein attraktiver Arbeitgeber sein kann.

Kontakt
Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW
Dr. Torsten Fischer
+49 (0)175 5244435
torsten.fischer@fhoev.nrw.de

Weitere Informationen
www.prosense.info
www.vitting.design.fh-aachen.de/forschung/

Text
Netzwerkbüro HN NRW | Eva Helm

 

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