Prof. Dr. Hartmut Ihne, Präsident der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg und Beiratsmitglied des HN NRW, zum Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP
Was bedeutet der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP für die Hochschulen für angewandte Wissenschaften? Dazu ein Statement von Prof. Dr. Hartmut Ihne, Präsident der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg und Mitglied des HN NRW-Beirats:
Der Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und SPD auf Bundesebene umfasst eine Reihe von wichtigen Fördermaßnahmen zur Stärkung der Hochschulen, mit denen die beeindruckende Erfolgsgeschichte der Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) in den vergangenen 50 Jahren kraftvoll weitergeschrieben werden wird.
Als zentraler neuer Förderbaustein ist die Deutsche Agentur für Transfer und Innovation (DATI) vorgesehen. Sie soll eine Lücke im deutschen Fördersystem bei sozialen, ökonomischen und technologischen Innovationen schließen. Insbesondere die HAW mit ihrem anwendungs- und transferorientierten Wissenschaftsverständnis sollen und werden – wenn richtig gemacht – davon profitieren. Die HAW fordern schon seit vielen Jahren einen eigenen Fördermechanismus für die angewandte Forschung und den Transfer, da sie bislang von den Haupttöpfen des deutschen Forschungsfördersystems des Bundes, insbesondere der Deutschen Forschungsgemeinschaft, viel zu wenig profitieren konnten.
Die Absicht der Koalition leistet mindestens ein Zweifaches: Sie trägt zum einen dazu bei, eine von den HAW seit langem bemängelte Gerechtigkeitslücke zum Nachteil der HAW im System der Bundesforschungsförderung schließen zu helfen. Das allein schon ist eine sehr wichtige Motivationsförderung der Forschenden an den HAW. Zum zweiten aber, und das ist die eigentliche Wirkung dieses neuen Förderinstruments, wird sie zu einem ungeheuren Innovationsschub in Forschung und Transfer an den und durch die HAW führen. Infrastrukturen und Personalausstattung, bestehende Forschungsstrukturen an den HAW, wie Institute und Forschungsgruppen, und das Forschungsmanagement können verbessert, die Themenportfolios vertieft und entlang der drängenden Themen von Gegenwart und Zukunft deutlich erweitert werden. Wenn DATI klug und pragmatisch aufgesetzt wird, werden wir eine Potentialexplosion an den HAW erleben.
Das erfolgreiche Ausrollen der neuen Förderinstitution – mit Kriterien, die auf die Realwirksamkeit der Fördervorhaben zielen sowie Strukturen und Personal, die tatsächlich an wirksamen Innovationen für Gesellschaft und Wirtschaft orientiert sind – wird eine besondere Herausforderung sein. Die Chance ist jetzt riesengroß, dem deutschen Hochschulsystem einen kräftigen Schub in die Zukunft zu geben.
Die Entscheidung für eine Deutsche Agentur für Innovation und Transfer ist eine kluge Entscheidung. Davon werden Gesellschaft und Wirtschaft als auch deren Anpassungsfähigkeit an die Herausforderungen einer sozial-ökologischen Transformation in erheblicher Weise profitieren. Insbesondere in den Regionen, mit den die HAW in eng verzahnt sind und die die eigentlichen Kerne der Wettbewerbsfähigkeit unserer Gesellschaft nach innen und außen sind. Die Regionen sind die lange auch von der Wissenschaft unterschätzten Kraftzentren für erfolgreiche Veränderung und Stabilität. Das von der Koalition formulierte Ziel der „Stärkung regionaler und überregionaler Innovationsökosysteme“ entspricht genau der Zielsetzung, die die HAW seit Jahrzehnten für ihre Hochschulen gesetzt haben.
DATI wird in eine breite, tief in die Regionen sich erstreckende Hochschullandschaft mit vielfältigen wissenschaftlichen Kompetenzen hinein fördern können und dort die Hochschulen (mit ihren Kooperationspartner*innen in den Unternehmen, den Kommunen, den zivilgesellschaftlichen Organisationen) unterstützen, mit neuen Projekten und großartigen Innovationen Beiträge für die Beantwortung der Zukunftsfragen zu liefern.
Der Blick in die Zukunft einer erfolgreichen Umsetzung des neuen Förderansatzes, der auch die Schaffung von „Innovationsregionen“ anstrebt, lässt wünschen und erahnen, dass an den Hochschulen eine neue Zeit anbricht, indem Anwendungsforschung und Transfer auf Spitzenniveau betrieben werden kann und dadurch die Potenziale und Leistungsstärke der Hochschulen für angewandte Wissenschaften noch deutlicher zum Ausdruck kommen können.