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Professionalisierung gegen Antisemitismus

Neuer Forschungsverbund der HSPV erstellt optimiertes Curriculum für angehende Staatsbedienstete

Menschen vor einem Eingang

© Michael Schwettmann/RUB

Bielefeld, 30. September 2021. Über welches Wissen sollten künftige Staatsbedienstete im Schul- und Polizeidienst verfügen, um Antisemitismus in ihrem Arbeitsumfeld aktiv entgegenwirken zu können? Und wie kann ihr Wissensstand zum Thema, mit dem auch individuelle Einstellungen verbunden sind, erhoben und gemessen werden? Welche Art von Argumentationstraining kann dazu beitragen, die notwendigen Fähigkeiten der Zielgruppe schon während der Ausbildung zu professionalisieren? Diesen Fragen widmet sich das interdisziplinäre Team des Forschungsverbundes EMPATHIA1 unter Leitung von Prof. Dr. Nicola Brauch, Geschichtsdidaktikerin an der Ruhr-Universität Bochum (RUB). Als eines von zehn bundesweiten Vorhaben wird er vom Bundesforschungsministerium in der Förderlinie „Aktuelle Dynamiken und Herausforderungen des Antisemitismus“ für vier Jahre gefördert. Anfang Oktober 2021 beginnt der Verbund seine Forschungsarbeit. Insgesamt werden im Verbundprojekt fünf Teilprojekte bearbeitet. An der HSPV NRW leitet Oberregierungsrätin Dr. Sarah Jadwiga Jahn ein Teilprojekt „Zur Verortung von Antisemitismus in der Polizeiausbildung am Beispiel des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen“. 

Antisemitismus erkennen

Antisemitismus ist in der Schule und in der Öffentlichkeit ein verbreitetes Phänomen. Staatsbediensteten wie Lehrkräften und der Polizei kommt die Aufgabe zu, bei Antisemitismus zu intervenieren. Aber um Beweggründe und Ziele von Taten überhaupt als antisemitisch deuten zu können, benötigen diese Berufsgruppen thematisches Wissen: Welche Argumentationsmuster werden zur Untermauerung von antisemitischen Positionen benutzt? Welche Verbindungen weisen beispielsweise Pandemie-Verschwörungsmythen zum Antisemitismus auf? Welche Emoji-Symbole werden in jüngster Zeit antisemitisch benutzt? Es gilt daher künftige Staatsbedienstete bestmöglich auf den Kontakt mit den verschiedenen Formen des Antisemitismus vorzubereiten. Hier setzt das Projekt „Empowering Police Officers and Teachers in Arguing Against Antisemitism“ (EMPATHIA) an: Das Team entwickelt, implementiert und evaluiert ein Kerncurriculum für die Ausbildung künftiger Polizistinnen/Polizisten und Lehrpersonal, damit diese präventiv und repressiv Antisemitismus begegnen können. Dazu werden im Rahmen eines psychometrisch abgesicherten digitalen Large-Scale-Tests zuerst die Einstellungen und das Wissen zu den Themen Antisemitismus und jüdisches Leben von den Zielgruppen erfasst. So kann das Curriculum besser zugeschnitten werden. Darüber hinaus lernen die Polizei- und Lehrkräfte wie sie bei Antisemitismus angemessen intervenieren.

Ausbildung bereitet bisher kaum vor

Für Teilprojektleiterin Dr. Sarah Jadwiga Jahn liegt darin die besondere Herausforderung: „Fachwissen bleibt diffus und abstrakt, wenn es sich nicht mit Wissen über gegenwärtige Erscheinungsformen von Antisemitismus verbindet. Doch gerade diese Verbindung scheint vielen angehenden Polizistinnen und Polizisten in ihrem Arbeitsalltag schwer zu fallen, zumal sie in der Ausbildung noch unzureichend Praxiseinblicke haben. Das ist wenig verwunderlich, denn in der Ausbildung wird bislang kaum auf den Umgang mit kritischen Vorfällen und Präventionsarbeit vorbereitet. An dieser Schnittstelle von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft setzt unser interdisziplinäres Projekt an. Ausgehend von einer empirischen Erforschung aktueller Erscheinungsformen von Antisemitismus, werden wir ein basales Curriculum und ein daran orientiertes Argumentationstraining für unsere Zielgruppen erarbeiten und evaluieren. “

Kooperationspartner

Am Verbundprojekt EMPATHIA beteiligte Partner sind die Ruhr-Universität Bochum mit dem Lehrstuhl für Geschichtsdidaktik (Prof. Dr. Nicola Brauch) und dem Centrum für Religionswissenschaftliche Studien (Prof. Dr. Alexandra Cuffel), das Hector Institut für Empirische Bildungsforschung der Universität Tübingen (Prof. Dr. Ulrich Trautwein), das Zentrum für Prävention und Intervention im Kindes- und Jugendalter der Universität Bielefeld (Dr. Marc Grimm) sowie als zivilgesellschaftlicher Partner das Tikvah Institut gUG Berlin (Volker Beck, Deidre Berger). Durch ihre unterschiedlichen disziplinären Zugänge zum Thema verknüpfen die Partner in ihrer gemeinsamen Arbeit Grundlagenforschung mit anwendungsorientierter Forschung. Das Projekt hat einen Beirat und zahlreiche Praxispartner aus Zivilgesellschaft, Polizei- und Lehrerbildung. Die Forschungsarbeit wird dadurch von jüdischen Institutionen, Polizei- und Lehrerverbände begleitet.

Originalmeldung:
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Ansprechpartner Verbundprojekt
Ulf Plessentin
Centrum für Religionswissenschaftliche Studien
Ruhr-Universität Bochum
+49 234 3222056
ulf.plessentin@rub.de

Ansprechpartnerin Teilprojekt an der HSPV NRW
Oberregierungsrätin Dr. Sarah Jadwiga Jahn
Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW
Studienort Gelsenkirchen
+49 162 6510754
sarahjadwiga.jahn@hspv.nrw.de

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2021-10-25T10:04:40+02:0011.10.2021|Kategorien: Gesellschaft|Tags: |

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