Neue Entwicklungen und Ansätze im Bereich der Eignungsdiagnostik und der Rechtsprechung
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Gelsenkirchen/ Köln, den 25. November 2022. Der Leistungsgrundsatz ist verfassungsrechtlich in Art. 33 Abs. 2 GG verankert. Er gehört zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG (BVerfG 14.6.1960 – 2 BvL 7/60 -, E 11, 203 = ZBR 1960, 258 = RiA 1960, 254; BVerfG 16.12.2015 – 2 BvR 1958/13 -, E 141, 56 = ZTR 2016, 170 = ZBR 2016, 128).
Damit legt die Vorschrift im Einklang mit Art. 3 GG auch die Kriterien fest, nach denen im Rahmen einer Bestenauslese die/der Leistungsbeste zu finden ist. Denn nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jede/r Deutsche nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu allen öffentlichen Ämtern. Somit ist auch der Zugang zu den verschiedenen Beamtenlaufbahnen verfassungsrechtlich garantiert.
Durch die ausschließliche Berücksichtigung leistungsbezogener Auswahlkriterien und den damit einhergehenden Ausschluss sachfremder Erwägungen ist gewährleistet, dass die Bewerberin/der Bewerber persönlich und fachlich für die Erfüllung der Dienstaufgaben geeignet und befähigt ist. Maßstab für den Leistungsvergleich zwischen verschiedenen verbeamteten Bewerberinnen und Bewerbern sind vor allem die jeweiligen aktuellen dienstlichen Beurteilungen (BVerfG 9.8.2016 – 2 BvR 1287/16 -, IÖD 2016, 230 = NVwZ 2017, 46; BVerfG 17.2.2017 – 2 BvR 1558/16-, IÖD 2017, 86).
Die dominante Rolle von dienstlichen Beurteilungen bei Stellenbesetzungsverfahren ist jedoch umstritten. Aus eignungsdiagnostischer Perspektive liegen Evidenzen vor, dass dienstliche Beurteilungsergebnisse durch eine Reihe von Faktoren kontaminiert sind, die keinen Bezug zur Eignung oder fachlichen Leistung der Beurteilten haben. Darüber hinaus weist eine aktuelle Studie darauf hin, dass dienstlichen Beurteilungsergebnissen keine prognostische Validität zugesprochen werden kann (Gourmelon, Hoffmann & Lindberg, im Druck).
Besonders bedeutsam ist in diesem Zusammenhang die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2021 (2 C 2.21-, Schütz BeamtR ES/D I 2 Nr. 173), wonach der 2. Senat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung ausdrücklich festgestellt hat, dass eine dienstliche Beurteilung mit einem Gesamturteil abschließen müsse, in das sämtliche vom Dienstherrn bewertete Einzelmerkmale der drei Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG einfließen; hierzu zähle auch das Merkmal der Befähigung. Insoweit müssten auch andere eignungsdiagnostische Verfahren diesen Vorgaben genügen.
Ein Forschungsprojekt, welches mit Mitteln des Instituts für Personal und Management (IPM) gefördert wird, beschäftigte sich mit neuen Entwicklungen und Ansätzen im Bereich der Eignungsdiagnostik und der Rechtsprechung im Hinblick auf die treff- und rechtssichere Gestaltung von Auswahlverfahren. Ziel des Forschungsprojekts war es, dass die Praktikerinnen und Praktiker in den Landesbehörden und Kommunalverwaltungen über Leitlinien, Ausführungen und Erläuterungen verfügen, die es ihnen erleichtern, Auswahlverfahren treffsicher, ordnungsgemäß, rechtssicher und effizient zu gestalten.
Die Ergebnisse des Projekts wurden in einem Fachwerk mit der Zielgruppe Praktikerinnen und Praktiker im Bereich Personalmanagement des öffentlichen Sektors veröffentlicht: Gourmelon, Andreas & Hoffmann, Boris (2022): Stellenbesetzungs- und Auswahlverfahren treff- und rechtssicher gestalten – rechtliche, psychologische und ökonomische Aspekte. Heidelberg: Rehm.
Durch die Analyse wurde offensichtlich, dass die neueste Gesetzgebung und Rechtsprechung sowie neue eignungsdiagnostische Erkenntnisse und Standards beachtet werden müssen, wenn Auswahlverfahren rechtssicher und valide durchgeführt werden sollen. Den Praktikerinnen und Praktikern im öffentlichen Sektor sind die Analyseerkenntnisse in passender Form darzustellen.
Originalmeldung:
https://www.hspv.nrw.de/fileadmin/Newsletter/2022_11_November/HSPVAktuell_November_2022.pdf
Andrea Bauer
Dezernat 14.2 – Forschung
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