Mit dem Forschungsprojekt „Retail 4.0“ entwickelt die TH Köln eine digitale Unterstützung für die Modebranche
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Köln, 11. April 2019. Forschungsprojekt der TH Köln entwickelt Virtual und Augmented Reality-Lösungen.
Virtuell dargestellte Bekleidung spielt für die Modebranche im Kontakt mit den Endkunden bislang nur eine untergeordnete Rolle, da Stoffe und insbesondere der Faltenwurf digital nur schwer zu modellieren sind. Die TH Köln und ihre Partner entwickeln deshalb im Forschungsprojekt „Retail 4.0“ Prototypen für Virtual Reality- und Augmented Reality-Anwendungen. Das Vorhaben wird über drei Jahre vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
„Wir möchten die gesamte Wertschöpfungskette der Modebranche auf dem Weg in die Digitalisierung begleiten. Dafür adressieren wir die beiden zentralen Geschäftsbeziehungen: zwischen den Modelabels und den Einzelhändlern sowie zwischen den Einzelhändlern und ihren Kundinnen und Kunden“, erklärt Prof. Dr. Arnulph Fuhrmann, Projektleiter am Institut für Medien- und Phototechnik (IMP) der TH Köln.
Virtuelle Realität für die B2B-Beziehung
Möchten Modeschöpfer Händlern ihre neuesten Kleidungsstücke vorstellen, kann dies durch digitale Lösungen vereinfacht werden. Dazu entwickelt das Projektteam einen virtuellen Präsentationsraum, in dem sich beide Seiten künftig treffen können. Benötigt werden dafür nur handelsübliche Virtual Reality (VR)-Brillen.
„Durch die Präsentation im virtuellen Raum entfallen lange Anreisen mit großen Kollektionen. Die Partner müssen sich nicht einmal auf demselben Kontinent befinden.
Die Lichtverhältnisse im virtuellen Raum sind immer perfekt, kein Kleidungsstück ist zerknittert oder hat Transportschäden“, erläutert Fuhrmann die Vorzüge der Lösung. Zudem kann der Hintergrund des virtuellen Raums sehr einfach an die spezifischen Kollektionen angepasst werden, so dass etwa Ski-Bekleidung in einem Alpen-Panorama oder Sommermode vor einer Strand-Kulisse zu sehen sein können.
Erweiterte Realität für die B2C-Beziehung
Für das digitale Einkaufserlebnis im Modegeschäft setzt das Forschungsprojekt auf eine sogenannte Erweiterte Realität (Augmented Reality). Dabei trägt die Kundin oder der Kunde eine Brille mit zwei transparenten Bildschirmen, auf denen Informationen ausgespielt werden können. Im Gegensatz zur VR-Brille ist sie bzw. er optisch nicht komplett von seiner realen Umgebung abgeschnitten und kann beispielsweise mit einer Einkaufsbegleitung weiterhin ungestört kommunizieren.
Nutzt die Kundin oder der Kunde die Brille, wirkt es, als würden Schaufensterpuppen mit den gewünschten Kleidungsstücken etwa einen Meter vor ihr oder ihm stehen. Mittels Gestensteuerung lassen sich verschiedene Modelle oder Farben auswählen. „Hat ein Kunde etwa einen Pullover anprobiert und dieser passt, kann er sich mittels der Brille verschiedene Farben ansehen, die das Geschäft nicht auf Lager hat. Oder er testet, ob das neue Stück mit einem schwarzen Schal oder einer bestimmten Hose zusammenpasst“, sagt Fuhrmann. Auch Feedback-Optionen sind angedacht, mit denen die Kunden angeben, was ihnen an dem Stück besonders gut oder schlecht gefällt. Diese Informationen sollen dann an das Modelabel übermittelt werden.
Forschungsprojekt Retail 4.0
Fünf Partner arbeiten gemeinsam an dem Forschungsvorhaben. Der 3D-Software-Anbieter Assyst GmbH ist Konsortialführer und wird das fertige Produkt künftig vermarkten. Die Avalution GmbH steuert die virtuellen Körper bei, denen die virtuelle Kleidung angezogen wird. Die Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung sorgen dafür, dass die realen Prozesse im Textileinzelhandel und die Verkaufsszenarien korrekt wiedergegeben werden. Die Modemarke Brax Leineweber liefert als Praxispartner die Daten für die Kleidungsstücke, an denen die Prototypen getestet werden, und prüft die Anwendbarkeit unter realen Bedingungen. Das Team am Institut für Medien- und Phototechnik der TH Köln ist für die Entwicklung der Prototypen und der Software verantwortlich.
„Unsere Herausforderung ist vor allem, die digitale Kleidung korrekt und schnell zu rendern, das heißt sie in ein elektronisches Modell zu überführen“, erläutert Fuhrmann. Herkömmliche Softwarelösungen benötigen sehr große Rechenkapazitäten, um in einer virtuellen Umgebung Kleidung fotorealistisch aussehen zu lassen. Dabei und bei den 3D-Modellen sind umfangreiche Optimierungen nötig. Zudem bedarf es eines neuen Farb-Managements für die Renderings, damit die virtuell dargestellten Farben exakt den realen Vorbildern entsprechen. Zwei Promovierende in kooperativen Doktorarbeiten und zwei wissenschaftliche Mitarbeiter arbeiten daran.
Origialmeldung:
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