Minister Pinkwart informierte sich an der HS Bochum über Geothermie-Forschungspläne.
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Bochum, 14. Dezember 2017. Es ist eine Jahrhundertaufgabe, die da auf das Land Nordrhein-Westfalen zukommt und schnellstens angegangen werden muss: Die mit dem Ausstieg aus der Verbrennung von Kohle verbundene Umstellung der Wärmeversorgung nicht zuletzt auf erneuerbare Energien. Diese Feststellung hat NRW-Wirtschaftsminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart bei seinem Besuch an der Hochschule Bochum am 7. Dezember nicht überrascht. Sachkundig verfolgte er im Beisein des Präsidiums der Hochschule die Ausführungen des Leiters des Internationalen Geothermiezentrums, Prof. Dr. Rolf Bracke.
Größter Teil des Energiebedarfs wird für Wärmeversorgung benötigt
Ein Umstand, der von Öffentlichkeit und Politik lange nicht angemessen wahrgenommen wurde, sei, so Prof. Bracke, dass beim Energiebedarf in Deutschland der größte Teil – fast 56 Prozent – für Wärme benötigt wird. Deutlich angeführt von Nordrhein-Westfalen. Dass dabei vor allem die Rhein-Ruhr-Region mit dem größten Fernwärmenetz Europas derzeit noch weitgehend auf die Abwärmenutzung aus der Kohleverbrennung angewiesen ist, bedeutet ein erhebliches Problem. Insbesondere wenn die vielen Kohlekraftwerke aus Klimaschutzgründen zukünftig schrittweise vom Netz gehen werden.
Der Großraum um München zeigt, so Erdwärme-Experte Bracke, wie es auch anders gehen kann. Dort wird derzeit das städtische Fernwärmenetz vollständig auf Erneuerbare Energien umgestellt mit dem Schwerpunkt Geothermie. Die Stadt will bis 2030 die erste europäische Großstadt mit grüner Fernwärme sein. Erdwärme wird in München aus Tiefen bis zu 4.500 m gefördert.
Prozess der Tiefengeothermie
Für eine Konversion (Umstellung) der Fernwärmesysteme in der Region Rhein-Ruhr setzt das Internationale Geothermiezentrum in Bochum ebenfalls auf Tiefengeothermie. Dabei wird Thermalwasser aus Karbonatgesteinen gefördert, energetisch genutzt und danach abgekühlt wieder zurück in den Untergrund geleitet. Die Römer haben dies bereits vor 2000 Jahren in Aachen erfolgreich praktiziert.
Auch tief unter den Kohleschichten des Ruhrgebiets vermuten die Forscher in ähnlicher Tiefe solches thermalwasserführendes Gestein. “Allerdings: Vor der Hacke ist es duster”, zitierte Geologe Bracke eine alte Bergmannsweisheit und meinte damit, dass bislang noch niemand versucht hat, unten dem Ruhrgebiet tiefere Gesteinsschichten als die Kohle zu erforschen.
Das möchte das Geothermiezentrum ändern. Das Bund-/Länder-Projekt “TRUDI (Tief-runter-unter-die-Ruhr)” soll praktisch erproben, ob und wie die Erschließung der Tiefengeothermie im Ruhrgebiet möglich ist. Dazu sollen Forschungsbohrungen zunächst bis 1.500 Meter Tiefe in den Untergrund erfolgen, von denen aus tiefergehende geophysikalische Untersuchungen der Gesteine bis 5.000 Meter vorgenommen werden sollen. Dort werden Temperaturen von 170°C erwartet. In der ersten TRUDI-Phase soll allerdings zunächst in 1.500m Tiefe die Zirkulation von Thermalwasser mit 55°C und die Nutzung des Untergrunds als Wärmespeicher getestet werden. Hierfür kommt industrielle oder solare Überschusswärme in den Sommermonaten in Betracht.
Wärmespeicherung von zentraler Bedeutung
Damit wird das im Untergrund befindliche Thermalwasser weiter künstlich erwärmt. Bracke: “Bei der Umstellung von Energiesystemen kommt – wie schon beim Strom – auch bei der Wärme der Speicherung eine zentrale Bedeutung zu. Das Ruhrgebiet verfügt dazu mit dem Grubenwasser in den ehemaligen Zechen über exzellente Randbedingungen.” Im Winter kann die gespeicherte Wärme dann mittels Großwärmepumpen wieder in die Wärmenetze eingespeist werden.
Tiefe Löcher bohren kann man im Ruhrgebiet übrigens: zur Aufsuchung der Kohle wurden in den vergangenen Jahrzehnten je 0,8 km2 der Metropole eine Bohrung auf über 1.000m Tiefe niedergebracht. Die erste Phase von TRUDI soll ca. 40 Mio. Euro kosten; insgesamt wird das TRUDI-Pilotprojekt zur Umstellung der Fernwärme an Rhein und Ruhr (2018 – 2027) auf 110 Mio. Euro geschätzt.
Minister Pinkwart konnte am Ende seines Besuches versichern, dass dieser seinen Blick auf die Herausforderungen und Möglichkeiten der Geothermie für das Ruhrgebiet weiter geschärft hat.
Origialmeldung:
Quelle: Hochschule Bochum
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